# taz.de -- Neuer Disput um Babyklappen: Zoff hinter der Klappe | |
> Bei einer Anhörung des Ethikrates wird der Sinn von Babyklappen in Frage | |
> gestellt. Praktiker in Berliner Kliniken fürchten nun um das | |
> Hilfsangebot. Das sei unverzichtbar für verzweifelte Mütter. | |
Ulrike Herpich-Behrens bezweifelt den Sinn. Es gebe keine Hinweise darauf, | |
dass Babyklappen Kindstötungen verhindern, sagte die für Adoption | |
zuständige Amtsleiterin von der Senatsverwaltung für Bildung am Donnerstag | |
bei einer Expertenanhörung des Deutschen Ethikrates. Babyklappen haben sich | |
bewährt, sagt dagegen Pastorin Gabriele Stangl vom Krankenhaus Waldfriede | |
in Steglitz-Zehlendorf der taz. Das Krankenhaus Waldfriede hatte im | |
September 2000 als Erstes in Berlin eine Babyklappe. Drei andere Kliniken | |
sind dem Beispiel gefolgt. Seither wurden insgesamt 32 Säuglinge abgegeben. | |
Babyklappen sind öffentlich zugängliche, geschützte Wärmebettchen, in denen | |
Frauen anonym ihr Neugeborenes legen und zur Adoption freigeben können. | |
Über einen Alarm wird die Klinik auf das Kind aufmerksam gemacht. Der | |
Deutschen Ethikrat, ein 26-köpfiges Gremium, das sich mit ethisch | |
krtitischen Themen befasst, hat gestern Experten zu dem Thema angehört. | |
Deren einhellige Meinung: Verzweifelte Frauen, die nicht davor | |
zurückschreckten, ihren Säugling zu töten, würden mit Angeboten wie | |
Babyklappen oder einer anonymen Geburt im Krankenhaus nicht erreicht. | |
Die Berliner Amtsleiterin Herpich-Behrens ging sogar noch einen Schritt | |
weiter. Sie schloss nicht aus, dass die Babyklappen missbraucht würden, um | |
sich ungeliebter Kinder zu entledigen. So habe in Berlin ein Vater ohne | |
Wissen der Mutter sein Kind in die Klappe gelegt. Zudem sei ein drei Monate | |
altes behindertes Kind abgegeben worden. | |
"Die Stimmung gegen Babyklappen wird immer massiver," sagt Schwester Chiara | |
Lipinsky, Pflegedienstdirekorin im katholischen Krankenhaus St. Josef in | |
Tempelhof, das seit 2001 eine Babyklappe hat. Das behinderte Kind, von dem | |
Herpich-Behrens spricht, wurde dort abgelegt. Die Mutter sei aber später | |
ausfindig gemacht worden, das Kind inzwischen zur Adpotion freigegeben, | |
sagt Lipinsky. Die Babyklappe sei das letzte Mosaiksteinchen des | |
umfassenden Hilfsangebots für verzweifelte Mütter, ist Lipinsky überzeugt. | |
Dass in einer Stadt mit 3,3 Millionen Einwohnern in sieben Jahren 32 Kinder | |
in den Babyklappen abgelegt worden sind, ist für sie der klare Beweis, dass | |
die Einrichtung nicht massenhaft missbraucht werde. "Besser die Mutter | |
entledigt sich ihres Kindes, indem sie es bei uns abgibt, als dass sie es | |
zu Hause verhungern lässt". | |
Frauen, die ihre Neugeborenen in der Babyklappe ablegen oder die anonym | |
entbinden - Gabriele Stangl, Pastorin am Krankenhaus Waldfriede kennt die | |
Nöte dieser Mütter aus unzähligen Beratunggesprächen. Inklusive der Kinder, | |
die in der Klappe abgegeben wurden, wurden seit 2000 im Waldfriede 95 | |
Geburten gezählt, bei denen die Eltern zunächst nicht registriert wurden. | |
Letztlich seien aber nur sechs Mütter anonym geblieben, freut sich Stangl. | |
Man lege den Frauen nahe, zumindest der Adoptionsbehörde den Namen | |
preiszugeben. "Für die Identitätsbildung des Kindes ist das ungemein | |
wichtig". | |
24 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
Plutonia Plarre | |
## TAGS | |
Adoption | |
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