# taz.de -- Polizei-Chef über BKA-Reform: "Wir sind auf Kooperation angewiesen" | |
> Die geplante BKA-Reform wird bei der Terror-Abwehr nicht zur Konkurrenz | |
> der Behörden führen, meint Klaus Hiller, Präsident des | |
> Landeskriminalamtes in Baden-Württemberg. | |
Bild: Das Ablegen der Kofferbomben auf dem Kölner Hauptbahnhof im Juli 2006 h�… | |
taz: Herr Hiller, bisher war ausschließlich die Landespolizei für die | |
Gefahrabwehr zuständig. Mit der BKA-Reform soll nun erstmals auch das | |
Bundeskriminalamt präventive Befugnisse erhalten. Sind Sie sauer, dass | |
Ihnen das BKA bald die Terrorabwehr wegnimmt? | |
Klaus Hiller: Hier wird nichts weggenommen. Die Landeskriminalämter sind ja | |
weiter für die präventive Terrorabwehr zuständig - künftig aber gemeinsam | |
mit dem Bundeskriminalamt. Dass das BKA bisher keine präventiven Befugnisse | |
hatte, war in der Tat eine unverständliche Lücke, die man sich angesichts | |
der Bedrohungslage nicht mehr leisten kann und will. | |
Sie sehen da also keine Konkurrenz zwischen Bundes- und | |
Landeskriminalämtern? | |
Überhaupt nicht. Wir arbeiten schon bisher bei der Strafverfolgung eng und | |
vertrauensvoll zusammen und werden das künftig auch bei der Gefahrenabwehr | |
tun. Die BKA-Reform, wie sie sich jetzt als Kompromiss darstellt, ist unter | |
den Landeskriminalämtern nicht umstritten. Dass sie im Vorfeld kritisch | |
diskutiert wurde, ist völlig normal im Föderalismus. Es wäre doch grotesk, | |
wenn wir angesichts der Terrorgefahr in Kompetenzstreitigkeiten verfallen. | |
Denken Sie nur an die Anschläge von Bombay … | |
Wie soll diese Zusammenarbeit denn konkret aussehen? Muss das BKA das LKA | |
Baden-Württemberg künftig fragen, wenn es Terrorhinweise in Stuttgart | |
prüfen will? | |
Das BKA nimmt die Terrorabwehr laut Gesetz "im Benehmen" mit den Ländern | |
wahr. Das BKA muss uns also nicht um Erlaubnis bitten, wird uns aber sofort | |
informieren, wenn es in Baden-Württemberg tätig wird. Glauben Sie mir: Es | |
gibt hier keine Gegensätze, wir sind alle auf Kooperation angewiesen. Das | |
BKA kann ja ohnehin nicht alles selbst leisten, sondern wird uns im Wege | |
der Amtshilfe um Unterstützung bitten, zum Beispiel wenn eine Wohnung in | |
Baden-Württemberg zu überwachen ist. | |
Und wenn etwas schiefgeht, wer trägt dann die politische Verantwortung: der | |
Bund oder das jeweilige Land? Wirft diese Doppelzuständigkeit nicht ganz | |
neue Probleme auf? | |
Polizei-Zusammenarbeit ist doch nichts Neues! Nehmen wir als Beispiel die | |
Ermittlungen gegen die islamistische Sauerland-Gruppe, die | |
Autobombenanschläge plante. Diese wurde anfangs präventiv überwacht. Da | |
arbeiteten zunächst die Landeskriminalämter von Baden-Württemberg, Bayern, | |
Saarland und Hessen zusammen. Das BKA war in den Informationsaustausch | |
eingebunden. Nach einigen Monaten wurde vom Generalbundesanwalt ein | |
Ermittlungsverfahren wegen Verdacht auf Bildung einer terroristischen | |
Vereinigung eröffnet. Das BKA übernahm nun die Ermittlungen und bildete | |
gemeinsam mit den betroffenen Ländern eine Ermittlungsgruppe. So sieht die | |
Praxis heute schon aus. | |
Kritiker fürchten, dass sich das BKA der Kontrolle der Bundesanwaltschaft | |
entzieht, indem es solange wie möglich im Bereich der Prävention verbleibt? | |
Warum sollte es? Weder für die Landeskriminalämter noch für das BKA wäre | |
dies plausibel. Bund und Länder haben stets ein vorrangiges Interesse, die | |
Kompetenz der Bundesanwaltschaft möglichst frühzeitig zu nutzen. Die | |
Bundesanwaltschaft war, gerade im Bereich des internationalen Terrorismus, | |
noch nie ein Hemmschuh für uns. Den Gegensatz, den manche Kritiker | |
konstruieren, sehe ich nicht. Außerdem laufen im Gemeinsamen | |
Terrorismusabwehrzentrum in Berlin alle Informationen über | |
Terror-Strafverfolgung und -Gefahrenabwehr zusammen. Dort ist auch die | |
Bundesanwaltschaft beteiligt und deshalb immer gut informiert. | |
Das BKA darf künftig heimlich auf private Computer zugreifen. Das LKA hatte | |
und hat diese Möglichkeit zur Online-Durchsuchung nicht. Verändert das die | |
Polizeiarbeit? | |
Nein, die Bedeutung der Online-Durchsuchung wird häufig überschätzt. Es ist | |
kompliziert, heimlich in einen Computer einzudringen, das wird es nur ganz | |
selten geben. Aber bei wirklich schwerwiegenden Bedrohungen brauchen wir | |
dieses Instrument. Zum Schutz der Bevölkerung vor Anschlägen darf es in | |
Zeiten der Terrorgefahr keine überwachungsfreien Räume geben. Zu Zeiten der | |
RAF stellte sich die taktische Frage: Was verrät uns das Notizbuch oder der | |
Papierkorb? Heute ist eben die Festplatte eines PC für uns wichtig. | |
Hätten Sie die Kofferbomber von NRW mit Hilfe präventiver BKA-Befugnisse | |
und Online-Durchsuchungen rechtzeitig entdecken können? | |
Vermutlich nicht, weil es wohl um eher spontan handelnde Täter ging. Auch | |
mit den neuen Befugnissen wird es nie hundertprozentige Sicherheit geben. | |
20 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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