# taz.de -- Spätfolgen der Urangewinnung: Selbsthilfegruppe für Atomopfer | |
> Ex-Uran-Bergleute der Wismut kämpfen für Unfallrenten. Teil 2 der | |
> taz-Serie über die Anti-Atom-Bewegung. | |
Bild: Sanierung der Uranmine am Wismutstandort Königstein. | |
BERLIN taz "Für mich persönlich habe ich aufgegeben." Michael Löffler | |
klingt heiser. Das liegt daran, dass ihm eine der beiden Stimmlippen per | |
Laser entfernt wurde. Löffler hat Krebs im Kehlkopf. Seit Jahren setzt er | |
sich dafür ein, dass seine Krankheit als Berufsunfall beim Uranabbau | |
anerkannt wird. Seinen Rechtsstreit hat er dieses Jahr zwar verloren, aber | |
für seine ehemaligen Kollegen kämpft er weiter - als Vorsitzender der | |
Initiative "Atomopfer e. V." | |
Es ist eine außergewöhnliche Anti-Atom-Initiative: In dem Verein haben sich | |
ehemalige Bergleute der Wismut AG zusammengeschlossen, die zu DDR-Zeiten in | |
Thüringen und Sachsen Uran abgebaut haben. 35 Mitglieder zählt der Verein | |
heute; 70 weitere Menschen holen sich bei der Gruppe Rat, wenn es um die | |
Anerkennung ihrer Krankheiten als Berufsunfall geht. "Rechtsberatung machen | |
wir nicht, aber wir vermitteln Rechtsanwälte und Gutacher", erklärt | |
Löffler. Außerdem macht die Initiative Öffentlichkeitsarbeit, beteiligt | |
sich an Konferenzen und hat eine Plakatausstellung erarbeitet. Zusammen mit | |
einem Rechtsanwalt hat der Verein einen Vorschlag für ein | |
Wismut-Entschädigungs-Gesetz entworfen, das den Parteien im Bundestag | |
vorgestellt werden soll. | |
Seit 1992 wird in Deutschland kein Uran mehr gefördert, seitdem werden die | |
Altanlagen saniert. Für die Bergleute geht die Geschichte aber weiter: | |
"Uran wirkt ja nicht gleich", erzählt Löffler, "das ist unser Problem." | |
Krankheiten brächen oft erst 15 bis 40 Jahre später aus; Ursache seien | |
radioaktiver Feinstaub oder das Gas Radon. "Viele Leute wissen gar nicht, | |
dass dies der Grund für ihre Krankheit ist", sagt Löffler. Er hat von | |
seiner Krankheit 1992 erfahren - 16 Jahre nachdem er bei der Wismut | |
aufgehört hat. Bei der Berufsgenossenschaft hat er eine Unfallrente | |
beantragt - ohne Erfolg. | |
"Der ist weit weg von der Anerkennung", sagt Matthias Zschockelt, | |
zuständiger Abteilungsleiter. Die Entscheidung hänge ab von der Krankheit | |
und dem Zeitraum der Beschäftigung im Uranabbau. Direkt nach dem Krieg sei | |
dort die Strahlenbelastung weit höher gewesen als zu Löfflers Zeit in den | |
70er-Jahren. Daher gebe es durchaus Fälle, in denen positiv entschieden | |
wurde: Über 3.000 der 10.000 Anträge waren erfolgreich. | |
Löffler gehört nicht dazu und hat deswegen viele Prozesse geführt. 8.000 | |
Euro hat er ausgegeben, für Gutachten, Rechtsanwalt und Gericht. Genützt | |
hat ihm das nichts: Im Frühjahr hat das Landessozialgericht | |
Berlin-Brandenburg seine Klage abgewiesen und keine Revision zugelassen. | |
Sein Ziel möchte er aber weiter verfolgen: Die durch den Uranabbau | |
verursachten Krankheiten müssten als Berufsunfall akzeptiert werden. "Die | |
Anerkennungspraxis muss sich ändern." | |
29 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Felix Werdermann | |
## TAGS | |
Uran | |
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