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# taz.de -- Outlet im Norden: Power-Shopping in der Heide
> Das erste echte Factory-Outlet-Center des Nordens soll bis 2010 an der
> Autobahn A 7 in Soltau gebaut werden. Bürgermeister erwartet eine Million
> Besucher pro Jahr, der Einzelhandel rechnet mit Pleiten. Baubeginn
> möglicherweise im Sommer
Bild: Das Designer Outlet Center in Wolfsburg: So ähnlich könnte der Einkaufs…
Das erste echte Factory-Outlet-Center (FOC) auf einer norddeutschen grünen
Wiese soll an der Autobahn A 7 gebaut werden. Nach jahrelangem Krach hat
sich das für Raumordnung zuständige Agrarministerium am Dienstag für Soltau
als Standort des Fabrikverkaufszentrums entschieden. Die Mitbewerber
Bispingen sowie Fallingbostel schieden im Rahmen des Raumordnungsverfahrens
aus. "Sinn und Zweck des Ganzen ist es, die touristische Attraktion der
Lüneburger Heide aufzuwerten", sagte Minister Hans-Heinrich Ehlen (CDU).
Soltau habe sich als Standort wegen der Nähe zur Innenstadt durchgesetzt.
FOC-Besucher sollen später noch in der City bummeln und ein paar Euros im
bereits bestehenden Einzelhandel und in der Gastronomie lassen.
"Das bringt die gesamte Lüneburger Heide voran", freute sich Bürgermeister
Wilhelm Ruhkopf (SPD). Das Einkaufszentrum solle Besucher auch im Winter
oder bei schlechtem Wetter nach Soltau locken. Es sei eine ideale Ergänzung
zu Heide-Park, Snow-Dome, Kart-Center und Therme. Ruhkopf rechnet mit einer
Million Besuchern jährlich. Zehn Prozent davon will er in die
22.000-Einwohner-Stadt hineinlocken.
Das FOC soll 80 Millionen Euro kosten und 480 Jobs bieten. Der Baubeginn
könnte im Sommer sein, 2010 soll das FOC öffnen. "Natürlich sind nicht alle
Soltauer Geschäftsleute begeistert von der Entscheidung", sagte Ruhkopf.
Allerdings hätten sie genug Zeit gehabt, sich auf den neuen
Mega-Konkurrenten einzustellen. Erste Pläne für ein FOC in Soltau hatte es
bereits 1995 gegeben. "Flexible" Kaufleute könnten mit dem
Fabrikverkaufszentrum "sehr gut leben". Gerade habe das Modekaufhaus C & A
eine neue Filiale eröffnet.
Um den Einzelhandel in den umliegenden Gemeinden zu schützen, wurden
Sortimentsbegrenzungen mit dem Investor, der Mutschler-Gruppe, vereinbart.
7.000 der insgesamt 9.900 Quadratmeter sind für Kleidung, 1.500 für Schuhe
vorgesehen. Außerdem dürfen beim Power-Shopping in der Heide nur Waren
zweiter Wahl oder Auslaufmodelle verkauft werden.
Den Kritikern reichen diese Vorkehrungen bei weitem nicht. "Wenn im Umland
die Umsätze im Einzelhandel auch nur um fünf Prozent sinken, bedeutet das
für viele kleine Standorte mitten in der Krise das Ende", sagt Hans-Joachim
Rambow vom Einzelhandelsverband.
Das FOC führe zur "Kannibalisierung" der Händler, ärgert sich Lüneburgs
Oberbürgermeister Ulrich Mägde (SPD). "Ein FOC am falschen Platz", sagt
Mädge, "bricht dem Einzelhandel das Genick, kostet Arbeitsplätze und ist
auch unter dem Gesichtspunkt Klimaschutz der falsche Weg, weil es
massenhaft Autoverkehr bedeutet."
In seiner Ablehnung bestärkt ihn das Ende 2007 eröffnete Designer Outlet
Center (DOC) am Ende der Wolfsburger Fußgängerzone. Nachbarstädte hatten
dagegen protestiert, dass das DOC künftig an 20 Sonntagen öffnen wollte,
bislang waren es 13. "Der Aufschrei gegen die Pläne des DOC in Wolfsburg
zeigt einmal mehr, dass diese Verkaufszentren in eine Sackgasse führen",
sagt Mädge.
Die Linken fürchteten am Dienstag umweltschädliche Auswirkungen und sorgten
sich um den Einzelhandel in den umliegenden Städten. "Die Landesregierung
protegiert mit ihrer Entscheidung europaweit tätige Großbetreiber von
Fabrikverkaufszentren und lässt niedersächsische Einzelhändler am
ausgestreckten Arm verhungern", sagte Fraktionschef Manfred Sohn.
Die Entscheidung für Soltau schaffe "einen lokalen Champion und viele
regionale Verlierer", erklärte Enno Hagenah, Wirtschaftsexperte der Grünen
im niedersächsischen Landtag. "Die Heidestadt jubelt und viele
eigentümergeführte Geschäfte und der Handel in den Innenstädten von
Lüneburg bis Celle und von Nienburg bis Uelzen werden darunter leiden",
sagte Hagenah.
Die Entscheidung für Soltau werde Anträge für weitere Großdiscounter auf
der grünen Wiese stimulieren. Das FOC schaffe einen Präzedenzfall. Nun
würden auch andere Betreiber versuchen, sich an diversen Standorten in
Niedersachsen einzuklagen. Hagenah: "Die Regierung Wulff hat eine neue
Konkurrenzspirale in Gang gesetzt, die dem Einzelhandel in Niedersachsen
großen Schaden zufügen wird."
3 Feb 2009
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Einzelhandel
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