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# taz.de -- Verschleimung nur ein Gerücht: Kein Grund, Milch zu meiden
> Hartnäckig hält sich die Meinung, dass Milchprodukte zur Verschleimung
> der Atemwege beitragen. Das ist nur ein Gerücht, denn wissenschaftliche
> Belege dafür gibt es nicht.
Bild: Die Milch macht's - aber keine Verschleimung.
Winterzeit ist Grippezeit. Und es vergeht dieser Tage kaum eine Erkältung
ohne den gut gemeinten Ratschlag: Milch und Milchprodukte, also etwa auch
Käse und Jogurt zu meiden, denn die verschleimen die Atemwege! Nicht nur
Laien äußern sich demgemäß, auch naturheilkundlich angehauchte
Allgemeinmediziner haben diese Theorie in ihrem Repertoire. Allerdings gibt
es keine wissenschaftliche Untermauerung dafür, dass es bei Gesunden oder
bei mit Schnupfenviren Infizierten unvermeidlich zu einer vermehrten
Schleimbildung in Nase und Rachen kommt, wenn sie Milch getrunken haben.
Milch besteht zu einem Großteil aus Milchzucker (Lactose), der sich
wiederum aus Traubenzucker (Glucose) und sogenanntem Schleimzucker
(Galaktose) zusammensetzt. Galaktose ist auch in ähnlicher Form, als
Mucopolysaccharid, im Sekret der oberen Atemwege enthalten. "Möglicherweise
ist dieser Umstand dafür verantwortlich, dass vielerorts die Vorstellung
besteht, dass Milch verschleimt", so Michael Deeg, Pressesprecher beim
Deutschen Berufsverband der HNO-Ärzte.
Nur zwei kleine Studien haben sich speziell dieser Fragestellung gewidmet.
In einer australischen Studie aus dem Jahre 1993 hat man 169 Probanden nach
dem Konsum von Milch über ihr Empfinden befragt. Symptome wie "feuchter
Husten", "verstopfte Nase", "Schwierigkeiten, zu schlucken", "Bedürfnis,
sich zu räuspern" traten nach fünf Minuten vor allem bei denjenigen
Probanden auf, die an die Milch-verschleimt-Theorie glaubten.
In einem zweiten Versuch mit einer fettangereicherten Sojamilch war das
Ergebnis ähnlich. Milch, aber eben auch Sojamilch scheinen also bei einigen
Menschen die Atemwege zu verschleimen, bei anderen nicht. Die Erklärung der
australischen Forscher: Beim Vermischen von Speichel mit Milch lagern sich
die Milchtröpfchen in der Emulsion enger zusammen, vor allem, wenn der
Fettgehalt hoch ist. Dies könnte die Sensation "Milch verschleimt" bei
empfindlichen Personen hervorrufen.
Bei Erkältungen auf Milch, Käse & Co. zu verzichten, um die Heilung
voranzutreiben, dafür gibt es keinen Anlass. Bei Halsentzündungen mit
trockener und gereizter Schleimhaut wirken laut HNO-Arzt Deeg die
Milchinhaltsstoffe sogar wohltuend und nehmen den Reizzustand. "Mutmaßlich,
weil sie den fehlenden Rachenschleim sozusagen ersetzen", so Deeg.
Kinder, die viel Milch und Milchprodukte auf ihrem Speiseplan haben,
erkranken sogar seltener an Asthma, so hat eine niederländische Studie aus
dem Jahr 2003 aufgedeckt. Doch woher stammt eigentlich die
Milch-verschleimt-Theorie? Sie findet sich in den Lehrbüchern der
Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und dem Ayurveda.
"Sowohl die TCM als auch die ayurvedische Heillehre sind aber reine
Erfahrungsheilkunden", so Gustav Dobos, Vorsitzender der Deutschen
Gesellschaft für Naturheilkunde und Wissenschaftler an der Universität
Duisburg-Essen. Beweise in Form von wissenschaftlichen Studien gibt es
daher nicht.
Das liegt vor allem daran, dass der ayurvedisch oder der TCM-geschulte Arzt
Ernährungsempfehlungen immer je nach der individuellen Konstitution seiner
Patienten erteilt. Er beobachtet die momentanen Beschwerden genauso wie
sein Alter, das Klima seines Lebensraumes oder den Tageszeitpunkt.
Milch gilt im Ayurveda zum Beispiel im Sommer als kühlend. Im Winter soll
eine Milchabkochung mit Süßholz dagegen Husten lindern. Mit dem Verzehr von
Milch sollte der sogenannte Kapha-Typ in der kalten Jahreszeit
zurückhaltend umgehen, da diese vor allem zum Frühstück genossen
verschleimend wirke. Die TCM rät vor allem dem "Wassertyp" von Milch in der
kalten Jahreszeit ab. Nie würde aber allen Verschnupften pauschal Milch
verboten werden.
Allgemein gesehen hat Milch jedoch einen hervorragenden Ruf auch in der
fernöstlichen Medizin. Im Ayurveda gilt sie beispielsweise als
Verjüngungsmittel.
5 Mar 2009
## AUTOREN
Kathrin Burger
## TAGS
Milch
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