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# taz.de -- Wie sich die Schulen rüsten: Notfallpläne für den Krisenfall
> Verschlüsselte Durchsagen und ein 117-seitiger Ordner. Wie sich die
> Schulen auf Amokläufe vorbereiten.
Bild: Schnell Schutz organisieren.
KÖLN taz Mit schriftlichen Handlungsanweisungen und
Informationsveranstaltungen, mit schulinternen Krisenteams und festen
Ansprechpartnern bei der Polizei versuchen Schulen für Amokläufe gerüstet
zu sein. So war offenbar auch die Leitung der Albertville-Realschule in
Winnenden zumindest theoretisch auf den Ernstfall vorbereitet: Mit einer
verschlüsselten Durchsage über die Lautsprecheranlage warnte sie vor dem
Amokläufer Tim K. Solche Durchsagen sind Bestandteil von Notfallplänen, die
seit dem Amoklauf von Emsdetten für Schulleitungen und Lehrkräfte
erarbeitet wurden.
Ein Beispiel dafür ist der Leitfaden zur Krisenprävention und -bewältigung,
den das nordrhein-westfälische Schulministerium ein Jahr nach der
Katastrophe von Emsdetten an die Schulleitungen des Landes verschickte. Die
der taz vorliegende Handreichung, die den Titel "Hinsehen und Handeln"
trägt, basiert auf entsprechenden Notfallplänen des Landes Berlin. Der
117-seitige Ordner "soll helfen, plötzlichen und unvorhersehbaren
Anforderungen und Belastungen dadurch eher gerecht zu werden, dass im
Vorfeld Handlungsmöglichkeiten erkannt und diskutiert worden sind", heißt
es im Vorwort.
Unterteilt ist der Notfallordner in drei farblich gekennzeichnete
Gefährdungsgrade. Das grüne Kapitel reicht von Rangeleien und kleineren
Schlägereien bis zu Selbsttötungsgedanken, das gelbe Kapitel von Mobbing
über sexuelle Übergriffe bis zur Androhung eines Amoklaufes. Das rote
Kapitel enthält Regieanweisungen für die besonders extremen Fälle:
Amoklauf, Totschlag, Mord, Drohung mit Sprengsätzen, Schusswaffengebrauch,
Geiselnahme, Brandfall, Suizid oder Tod in der Schule.
In einem einleitenden Text heißt es: "Jede Schule muss damit rechnen, zum
Ziel eines Anschlags zu werden." Das Ministerium empfiehlt,
Krisenmanagement-Teams an den Schulen einzurichten und sich regelmäßig mit
den örtlichen Schulpsychologen, der Polizei und der Feuerwehr
auszutauschen.
Bei Amokläufen sollten Schulen einen Sechs-Stufen-Plan verfolgen. Als
Sofortreaktion sollte die Polizei über die Notrufnummer 110 informiert
werden. Schüler und Lehrer sollten laut Anweisungen des Plans fliehen,
soweit das möglich ist. Geht das nicht, empfiehlt das Papier, die Flure zu
räumen und die Klassenräume von innen zu verbarrikadieren. Die Schüler
sollten über Lautsprecherdurchsagen auf die Gefahr hingewiesen werden und
in Deckung gehen. Der Plan enthält auch Hinweise, wie Erste Hilfe geleistet
werden soll und wie die Nachsorge eines traumatisierenden Ereignisses
organisiert werden könnte.
Für Aufregung sorgt allerdings, dass der Leitfaden in diesem Zusammenhang
auch vorformulierte Todesanzeigen enthält. So heißt es unter dem Titel "Tod
einer Lehrkraft" auf Seite 112: "Tief erschüttert mussten wir den
tragischen Tod unseres lieben Kollegen (Name) zur Kenntnis nehmen." Auch
vorgefertigte Medienschelte umfasst der Notfallordner. So ist in einem
Formulierungsvorschlag für ein "Info an Eltern und Schüler" zu lesen:
"Einige von Ihnen, die hier in … waren, konnten erleben, wie gnadenlos man
den Medien ausgesetzt ist, noch ehe man die Chance einer anfänglichen
Begreifbarkeit hat. Sensation und Vermarktung stehen tiefe Trauer,
fassungslose Fragen und Nöte von uns Betroffenen gegenüber."
13 Mar 2009
## AUTOREN
Pascal Beucker
Pascal Beucker
## TAGS
Drohungen
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