# taz.de -- Eisbären in Gefahr: Knut & Co bald nur noch im Zoo | |
> Der Lebensraum der Eisbären schmilzt weg. In 40 Jahren könnten zwei | |
> Drittel verschwunden, bis 2100 alle ausgestorben sein. Eine | |
> Eisbären-Konferenz endet ohne konkrete Ergebnisse. | |
Bild: Noch ziehen die Eisbären durch die arktischen Eisregionen. | |
STOCKHOLM taz "Der Klimawandel hat eine negative Auswirkung auf die | |
Eisbären und ihre Lebensumwelt und stellt auf längere Sicht die größte | |
Bedrohung für deren Überleben dar." Das ist nicht gerade eine neue | |
Erkenntnis. Doch brauchten die Regierungsdelegationen der fünf | |
Arktis-Anrainerstaaten immerhin drei Tage hinter verschlossenen Türen, um | |
sich auf diese Formulierung einigen zu können. Und mit diesem Ergebnis der | |
internationalen Eisbären-Konferenz im nordnorwegischen Tromsö ist Geoff | |
York, Eisbären-Experte beim WWF in Kanada, auch durchaus zufrieden: Das sei | |
ein Schritt in die richtige Richtung und eine so nicht unbedingt erwartete | |
klare Aussage. | |
Vor allem Kanada soll sich laut Informationen aus Konferenzkreisen bis | |
zuletzt gegen diese Erklärung gewandt haben. Und der kanadische | |
Umweltminister Jim Prentice begründete in einem Interview auch, warum: | |
Zweifelsohne habe der Prozess des Klimawandel einen Einfluss auf die | |
Eisbären, aber über die Auswirkungen seien sich die Wissenschaftler noch | |
nicht einig: "Er könnte positiv, er könnte aber auch negativ sein." Mit | |
diesen Zweifeln steht die kanadische Regierung aber recht isoliert da. | |
Eisbären brauchen zum Überleben das Packeis und die schwimmenden | |
Eisschollen. Sie können zwar auch im offenen Wasser jagen, haben dann aber | |
kaum eine Chance, die Robben, ihre Hauptnahrungsquelle, zu erwischen. | |
Studien aus Spitzbergen zeigen, dass Eisbären in Gebieten ohne diese | |
optimalen natürlichen Voraussetzungen nicht überleben können, sich | |
gegenseitig anfallen und schnell verhungern. Rund 20.000 bis 25.000 | |
Eisbären gibt es schätzungsweise noch. Zwei Drittel davon halten | |
ForscherInnen für akut gefährdet. Der Klimawandel könne schon in ein bis | |
zwei Jahrzehnten im Sommer zu einer in weiten Gebieten eisfreien Arktis | |
führen, vor allem in den östlichen Polargebieten auf norwegischem und | |
russischem Territorium. Einige Jahrzehnte länger überleben könnten | |
angesichts besserer Eisvoraussetzungen vermutlich die Bestände in | |
Nordgrönland, Kanada und Alaska. Aber wenn die Erwärmung nicht gestoppt | |
werde, könnte der letzte Eisbär in freier Wildbahn Ende des Jahrhunderts | |
ausgestorben sein. Das wäre "ein Verbrechen an künftigen Generationen" | |
sagte Norwegens Umweltminister Erik Solheim. | |
Im 1973 geschlossenen Abkommen, um dessen Erneuerung es in dieser Woche in | |
Tromsö gegangen war, hatten sich Russland, Norwegen, Dänemark, Kanada und | |
die USA zu einem umfassenden Schutz der Eisbären verpflichtet. Ihre jetzige | |
Erklärung, der Klimawandel sei die größte Bedrohung für diese Tiere, | |
wollten jedenfalls das Gastgeberland Norwegen und | |
Umweltschutzorganisationen auch als ausdrückliche Verpflichtung verstanden | |
wissen, dass sich die Arktisanrainer verstärkt für Maßnahmen gegen den | |
Treibhauseffekt engagieren müssen. Die erste Gelegenheit, so Umweltminister | |
Solheim, werde im Dezember beim Klimagipfel in Kopenhagen sein. In zwei | |
Jahren will sich die Eisbärenkonferenz in Kanada wieder treffen. Spätestens | |
bis dahin will man sich auf einen konkreten Handlungsplan zum | |
Eisbärenschutz verständigen, beispielsweise die Ausweisung von | |
Schutzgebieten. | |
Das Thema der Eisbärenjagd spielte jetzt in Tromsö kaum noch eine Rolle. | |
Ursprünglich war wegen dieser 1973 das Eisbärenabkommen geschlossen worden. | |
Damals standen die Tiere wegen ihrer begehrten Felle und nicht wegen des | |
Klimawandels am Rande der Ausrottung. Mittlerweile ist die Jagd verboten; | |
nur einigen Inuit-Bevölkerungsgruppen in Grönland, Kanada und Alaska werden | |
von den dortigen Regierungen jährlich Jagdquoten für rund 700 Eisbären | |
zugeteilt. Die Begründung: Nur mit dieser traditionellen Jagd könne deren | |
Überleben gesichert werden. Dass die Inuit ihre Quoten dann teilweise aber | |
an Freizeitjäger verkaufen, wird seit langem kritisiert. Diese zahlen | |
Zehntausende Dollar für das "Abenteuer", vom Aussterben bedrohte Tiere zu | |
töten. | |
21 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
Reinhard Wolff | |
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Eisbären | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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