# taz.de -- Lesben und Schwule in Osteuropa: Gleichbehandlung sieht anders aus | |
> In den osteuropäischen Beitrittsländern der EU werden Schwule und Lesben | |
> immer noch erheblich diskriminiert. | |
Bild: Bei der Gay-Parade in Budapest kam es im Juli 2008 trotz Polizeischutz zu… | |
BRÜSSEL taz Auch fünf Jahre nach der EU-Osterweiterung sind die | |
Lebensbedingungen von Lesben und Schwulen in Osteuropa ganz andere als in | |
Westeuropa. Die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) veröffentlichte gestern in | |
Brüssel einen Bericht, in dem die meisten osteuropäischen Länder schlechte | |
Noten kassieren. Ein dänisches Menschenrechtsinstitut hatte im Auftrag der | |
Agentur die soziale Lage von LGBT (englisches Kürzel für Lesben, Schwule, | |
Bisexuelle und Transgender) untersucht. Dafür waren LGBT-Organisationen, | |
Gleichstellungsbeauftragte und Behördenmitarbeiter in allen Mitgliedstaaten | |
befragt und Umfragen von Eurostat ausgewertet worden. | |
Ein Eurobarometer zum Thema Diskriminierung von 2006 verdeutlicht die | |
Unterschiede zwischen Ost und West. Während in den nordischen EU-Ländern | |
mehr als 70 Prozent der Befragten die gleichgeschlechtliche Ehe | |
befürworten, sind es in Rumänien nur 11 Prozent. Zwei Jahre später das | |
gleiche Bild: 2008 fühlten sich die meisten Schweden und Dänen sehr wohl | |
bei dem Gedanken, einen homosexuellen Nachbarn zu haben, in Bulgarien, | |
Lettland und Litauen hingegen war das den meisten Befragten unbehaglich. | |
In den baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien wurde das Recht | |
auf Versammlungsfreiheit auch nach dem Beitritt zur Europäischen Union | |
massiv eingeschränkt, Pride Parades sogar verboten. In den Niederlanden | |
hingegen nahmen 2008 an der Amsterdamer Gay Parade drei Minister als | |
Kabinettsvertreter teil. Die Stockholmer Parade wurde vom schwedischen | |
Europaminister eröffnet. | |
Da die Opfer von Diskriminierung die Vorfälle oft nicht melden, werden in | |
keinem Mitgliedsland exakte Opferstatistiken geführt. In vielen EU-Ländern | |
fehlen zudem die entsprechenden Straftatbestände im Gesetzbuch. In | |
Bulgarien, Italien, Malta und Österreich gibt es sogar einen Paragrafen, | |
der Hassausbrüche gegen LGBT ausdrücklich von der Strafverfolgung | |
ausschließt. Nur in zehn Mitgliedstaaten gilt der Umstand, dass ein | |
Verbrechen einen homophoben Hintergrund hat, als strafverschärfend. | |
Doch in allen Mitgliedstaaten scheuen sich viele LGBT, ihre sexuelle | |
Orientierung offen preiszugeben. Deshalb werden LGBT im öffentlichen Leben | |
oft nicht wahrgenommen, zum Beispiel in Sportvereinen. "Es scheint eine | |
große Herausforderung zu bedeuten, sich im Sport als LGBT zu erkennen zu | |
geben. Homophobie kommt sowohl bei den Fans als auch bei den Athleten zum | |
Ausdruck. Eine Sprache, die LGBT herabsetzt, wird gebraucht, um | |
Konkurrenten lächerlich zu machen", sagt die Studie. | |
Morten Kjaerum, Direktor der Menschenrechtsagentur, resümierte gestern in | |
Brüssel: "In einer EU, die sich ihrer Grundsätze der Gleichbehandlung | |
rühmt, sind das alarmierende Signale." Die Wissenschaftler fordern mehr | |
Aufklärung, eine bessere Schulung von Polizisten und bessere Gesetze, um | |
die Lage von LGBT in Europa zu verbessern. Vor allem bauen sie auf die neue | |
Antidiskriminierungsrichtlinie der EU, die endlich alle Aspekte von | |
Benachteiligung erfassen soll. | |
1 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Daniela Weingärtner | |
## TAGS | |
EU-Richtlinien | |
Europäische Union | |
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