# taz.de -- Greenpeace testet Futter für Milchkühe: Gensoja statt Alpenklee | |
> Eine Stichprobe von Greenpeace zeigt: Im Futtertrog der Milchkühe landet | |
> häufig gentechnisch verändertes Soja. Experten streiten darüber, ob es | |
> sich gänzlich ersetzen lässt. | |
Bild: Was hier rauskommt, war früher oftmals Gensoja. | |
Das Bärchen steht auf einer grünen Almwiese und schüttet frische Alpenmilch | |
in eine Milchkanne. Den drolligen Werbeträger der "Bärenmarke" kennt wohl | |
jeder - doch die Idylle trüge, sagt Greenpeace. "In den Futtertrögen der | |
Kühe, die die Milch für Bärenmarke geben, landet gentechnisch verändertes | |
Soja aus Südamerika", erklärt Alexander Hissting, Agrarexperte der | |
Umweltorganisation. | |
Diese hat sich jeweils vier Höfe vorgenommen, die vier Molkereien | |
beliefern, die Milch im Premiumsegment anbieten: Weihenstephan, Allgäuland, | |
Bärenmarke und Landliebe. In den entnommenen Futterproben der ersten drei | |
genannten Molkereien fanden die beauftragten Labore jeweils gentechnisch | |
verändertes Soja. "Gerade in diesem Hochpreissegment wiegt die Täuschung | |
der Verbraucher besonders schwer", sagt Hissting. Den Kunden würde in der | |
Werbung und auf den Verpackungen vorgegaukelt, ein regional und naturnah | |
erzeugtes Produkt zu erwerben. "Dafür zahlen sie ja auch mehr", so der | |
Greenpeace-Experte. | |
Bei einer ähnlichen Aktion war Greenpeace schon einmal erfolgreich. | |
Jahrelang startete die Organisation Aktionen gegen die Molkerei Landliebe. | |
Im vergangenen Jahr verpflichtete diese ihre Lieferanten schließlich dazu, | |
auf Genfutter zu verzichten. Die Proben des zu dem holländischen | |
Milch-Riesen Campina gehörenden Unternehmens wiesen denn auch keine Spuren | |
von gentechnisch verändertem Soja auf. "Das zeigt doch, dass eine Fütterung | |
ohne Gentechnik möglich ist", sagt Hissting. | |
Stimmt nicht, sagt die Molkerei Weihenstephan. Die Tochter der | |
Müller-Milch-Gruppe wehrt sich in einem Schreiben an die Verbraucher gegen | |
die "gegen unser Unternehmen stellvertretend für die ganze Branche geführte | |
Greenpeace-Kampagne". Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass eine | |
genetische Veränderung von Tierfutter auf die Milch keine Auswirkungen | |
habe. Denn das Futter werde im Tierorganismus ganz normal verdaut und | |
abgebaut. | |
Greenpeace gehe es allerdings vor allem darum, dass der Anbau von | |
Genpflanzen nicht nur in Europa, sondern weltweit zurückgedrängt werde, so | |
Hissting. "Es ist ja schön, dass wir in Deutschland jetzt ein Verbot des | |
Genmaises MON 810 haben", sagt er, "aber mit unserem Konsum tragen wir dazu | |
bei, dass die umweltschädlichen Pflanzen etwa in Brasilien weiter angebaut | |
werden." Weihenstephan meint dagegen, gentechnisch verändertes Futter lasse | |
sich aus der Landwirtschaft sowieso nicht mehr wegdenken. Genverändertes | |
Tierfutter sei bei fast allen deutschen Landwirten seit langem ein fester | |
Bestandteil der Tierfütterung. | |
Auch der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) in Bonn hält die Umstellung auf | |
gentechnikfreies Tierfutter für die gesamte Branche nicht machbar. Ein | |
Großteil des importieren Sojas stamme aus den USA, Brasilien und | |
Argentinien - und dort werde nun einmal großflächig Gensoja angebaut, sagt | |
Sprecherin Britta Noras. Ein einseitiger Ausstieg der deutschen Landwirte | |
aus Gentechnikfutter führe zudem zu einem verzerrten Wettbewerb, den sie | |
auf dem europäischen und dem Weltmarkt nicht bestehen könnten, so Noras. | |
Natürlich könne man auf die Fütterung von Gensoja verzichten, sagt hingegen | |
Romuald Schaber. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher | |
Milchviehhalter hält eine Umstellung des Tierfutters auf gentechnikfreies | |
Soja oder Raps für möglich. Auf dem Markt sei davon genügend erhältlich, | |
meint der Milchbauer. Greenpeace-Experte Histing verweist unterdessen auf | |
das "fantastische Magensystem" von Kühen, das die Fütterung von | |
eiweißreichem Soja nicht erfordere. "Raps, Lupinen, Ackerbohnen und | |
Kleegras sind ein prima Ersatz." | |
18 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
## TAGS | |
Hühnereier | |
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