# taz.de -- Genprodukte im Supermarkt: Kunde ohne Infos | |
> Deutsche Supermärkte sind nicht frei von Genprodukten. Indirekt gelangen | |
> sie über Zusatzstoffe wie Vitamine in die Lebensmittel - und müssen nicht | |
> gekennzeichnet werden. | |
Bild: Milch, die von Kühen stammt, die mit Gensoja oder Genmais gefüttert wer… | |
BERLIN taz Bald gibt es ein Jubiläum: Im Juli vor zehn Jahren hat der | |
Lebensmittelriese Nestlé seinen Schokoriegel "Butterfinger" vom Markt | |
genommen, der gentechnisch veränderten Mais enthalten hatte. Der | |
Verbraucher wollte die Süßigkeit nicht haben. Inzwischen betreibt das | |
Unternehmen viel Aufwand, damit keine gentechnisch veränderten Zutaten in | |
seine Lebensmittel gelangen. | |
Der Fall ist symptomatisch. "In Deutschland gibt es in den Supermärkten | |
quasi keine Produkte, die als gentechnisch verändert gekennzeichnet sind", | |
sagt Gerd Spelsberg, Redaktionsleiter der Infoplattform über Lebensmittel | |
"Transgen." Während in den benachbarten Niederlanden zum Beispiel Speiseöle | |
aus Gensoja angeboten würden, hätten die Hersteller für den hiesigen Markt | |
eher ihre Rezepturen verändert. "Margarine wurde von Soja auf Rapsöl | |
umgestellt", so Spelsberg. Der einzig hierzulande als Lebensmittel | |
zugelassene gentechnisch veränderte Organismus (GVO) ist eine Süßmaissorte, | |
die etwa in einer Dose im Edeka-Supermarkt landen könnte. "Wir führen | |
solche Waren nicht", sagt dazu ein Sprecher der Edeka-Zentrale. "Das ist | |
bei den Kunden überhaupt nicht durchsetzbar." Auch Konkurrent Rewe winkt | |
ab, GV-Produkte sind unverkäuflich - und als solche auch für den Kunden | |
erkennbar. | |
Denn GVO müssen seit 2004 nach EU-Recht als solche gekennzeichnet sein. | |
Enthält eine Pizza etwa Genmais, muss dieser in der Zutatenliste hinten auf | |
der Packung als solcher benannt werden. Serviert ein Gastwirt einen | |
Genmaiskolben, muss er das auf der Speisekarte vermerken. | |
Allerdings: Ganz ohne Gentechnik kommt die Lebensmittelindustrie nicht aus. | |
Viele Zusatzstoffe in unserem Essen werden mit GVO hergestellt, zum | |
Beispiel Vitamine. "Sie werden in geschlossenen Systemen von gentechnisch | |
veränderten Mikroorganismen produziert", sagt Jutta Jaksche vom | |
Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv). In vielen Bereichen der | |
Lebensmittelproduktion sei das kaum noch zu umgehen, "auch im Biobereich | |
nicht", so Jaksche. | |
"Dem Verbraucher werden wesentliche Informationen vorenthalten", kritisiert | |
die Agrarexpertin des vzbv. So bestünden importierte Futtermittel | |
überwiegend aus Gensoja und Genmais. Die Milch der Kühe, die damit | |
gefüttert werden, ist aber nicht gekennzeichnet, genauso wenig wie Eier von | |
Hühnern, die Genfutter picken. "Der Verbraucher hat ein Recht darauf, das | |
zu erfahren, damit er bewusst auch einen Markt für Futtermittel ohne | |
Gentechnik schaffen kann", sagt Jaksche. | |
Wer ganz sichergehen will, GVO nicht nur aus dem Supermarkt, sondern auch | |
vom Acker zu verbannen, muss auf Bioprodukte zurückgreifen oder auf das | |
Siegel "ohne Gentechnik" achten. In Deutschland legt ein Gesetz zur | |
Kennzeichnung gentechnikfreier Produkte fest, dass in der Produktionskette | |
keine gentechnisch veränderten Organismen eingesetzt werden dürfen. | |
Trotzdem können Bestandteile von Ökolebensmitteln mittels Gentechnik | |
produziert werden - Verunreinigungen bis zu 0,9 Prozent sind erlaubt. | |
16 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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