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# taz.de -- Unerlaubte Datenspeicherung: Hooligan-Datei findet keine Fans
> Rund 10.000 deutsche Fußballanhänger sind in einem Gewalttäterregister
> gespeichert. Dafür gibt es gar keine Rechtsgrundlage. Die Regierung
> blockiert.
Bild: Sind ihre Namen auch gespeichert? Rostocker Hooligans beim Auswärtsspiel…
Bereits vor knapp einem Jahr beanstandete das Verwaltungsgericht Hannover:
Ohne rechtliche Grundlage sind rund 10.000 deutsche Fußballfans in der
Datei "Gewalttäter Sport" gespeichert. Doch noch immer weigert sich die
Bundesregierung, Konsequenzen zu ziehen, wie Innen-Staatssekretär Christoph
Bergner (CDU) jetzt dem Sportausschuss des Bundestags mitteilte. Der
Konflikt betrifft auch andere BKA-Dateien über politisch motivierte
Gewalttäter.
Ausgelöst hat den Streit ein Fan von Hannover 96, der zur Fangruppe
"Brigade Nord" gehört. Ihm schlug 2006 ein Polizist bei einer Rangelei im
Stadion mit seinem Schlagstock ins Gesicht. Dafür bekam der Fan
Schmerzensgeld. Der Polizist zeigte ihn wegen Landfriedensbruchs an. Das
Verfahren wurde eingestellt, doch der Fan landete in der vom
Bundeskriminalamt geführten Datei "Gewalttäter Sport". Die Speicherung kann
zum Beispiel dazu führen, dass die Ausreise zu Länderspielen oder Partien
in der Champions League verweigert wird.
Das wollte sich der geprügelte Fan nicht gefallen lassen. Mit Hilfe des
Fanrechtefonds führt er einen Musterprozess gegen seine Speicherung und
bekam schon zweimal Recht. Im Mai 2008 entschied das Verwaltungsgericht
Hannover, dass die Speicherung seiner Daten rechtswidrig ist. Im Dezember
wurde dies vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg bestätigt. Doch die
Fan-Daten sind noch immer nicht gelöscht, weil die Revision beim
Bundesverwaltungsgericht aussteht.
Dabei gehen die OVG-Richter sogar davon aus, dass es gute Gründe für die
Speicherung gab, wie inzwischen in der Urteilsbegründung nachzulesen ist.
Der 96-Fan habe vor dem Zusammenstoß mit einer Gruppe von 30 Personen die
Absperrungen im Stadion durchbrochen und sei auf gegnerische Fans
zugelaufen. Es sei deshalb zu befürchten, dass er sich auch bei anderen
Spielen nicht "ordnungsgemäß" verhalten werde.
Die Richter monierten aber, dass die 1994 eingerichtete Hooligan-Datei
derzeit generell rechtswidrig sei, denn es fehle die nach dem BKA-Gesetz
erforderliche Rechtsverordnung zur Einrichtung der Datei. Staatssekretär
Bergner hält dies jedoch - trotz des klaren Gesetzeswortlauts - nach wie
vor für überflüssig. Der Unterschied liegt aber auf der Hand: Eine
Rechtsverordnung wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit
transparent, dagegen ist der genaue Inhalt der internen BKA-Anordnung
unbekannt.
Vermutlich ist das Innenministerium so zögerlich, weil der Streit auch
andere Dateien betrifft. So wurden im Herbst 2000 - ebenfalls ohne
Rechtsverordnung - die BKA-Dateien für "Gewalttäter rechts", "Gewalttäter
links" und "politisch motivierte Ausländerkriminalität" eingerichtet. Dort
gespeicherte Personen durften zum Beispiel nicht zu
Antiglobalisierungsdemos im Ausland ausreisen.
In seinem Schreiben, das der taz vorliegt, deutet Staatsekretär Bergner nun
immerhin auch ein Einlenken an. Man prüfe durchaus den Erlass einer
Rechtsverordnung für die Hooligan-Datei. Zuständig wäre dafür Innenminister
Schäuble, der die Zustimmung des Bundesrates bräuchte.
Eigentlich keine hohe Hürde - aber ein Anlass, um über die Kriterien
nachzudenken, die zur Aufnahme in die Datei führen. So fordert Volker Beck,
parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen: "Es muss verhindert werden,
dass in der Datei weiterhin auch friedliche Fußballfans landen." Derzeit
genügt für den Eintrag schon eine Kontaktschuld, etwa wenn die Personalien
eines Fans aufgenommen wurden, der sich zufällig in Gesellschaft
polizeibekannter Hooligans befand. Die FDP-Fraktion hat zudem gefordert,
dass Fans über ihre Speicherung sofort informiert werden müssen. Bisher
erfahren sie davon oft erst, wenn sie an der Grenze aus dem Zug geholt
werden.
28 Apr 2009
## AUTOREN
Christian Rath
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Einzelfallprüfung
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