# taz.de -- Kommentar EU-Wahlen in Italien: Es geht immer noch schlechter | |
> Berlusconis Medienmacht ist einmalig in Europa. Dank seiner totalen | |
> Kontrolle über das Fernsehen hat er auch die Deutungshoheit über seine | |
> eigenen Skandale. | |
Bild: Ihre Entscheidungen sind nicht so wichtig für die Wahl: Europaabgeordnet… | |
Ein Ministerpräsident, der sich mit minderjährigen Mädchen trifft, der dann | |
noch das Volk beschwindelt, wenn es um die Umstände dieser merkwürdigen | |
Bekanntschaft geht - in jeder europäischen Demokratie hätte das für einen | |
Rücktritt gereicht. Oder wenigstens für eine deftige Wahlschlappe. Nicht | |
aber in Italien: Dort darf sich Silvio Berlusconi über einen erneuten Sieg | |
freuen. Gewiss, seine Partei "Volk der Freiheit" hat gegenüber dem | |
nationalen Wahltriumph vor einem Jahr zwei Prozentpunkte abgegeben. | |
Zugleich aber legte die mit Berlusconi verbündete fremdenfeindliche Lega | |
Nord um ebenjene zwei Punkte zu. | |
Machtlos war die Opposition, war die kritische Presse gegen die erdrückende | |
Medienmacht des Premiers, der - ein Unikum in Europa - dank seiner totalen | |
Kontrolle übers Fernsehen die Deutungshoheit auch über die eigenen Skandale | |
in den Händen hält. Machtlos war die Opposition ebenso angesichts einer | |
Wählerschaft, die zu guten Teilen den Regierungschef für seinen, höflich | |
gesagt, moralfreien Stil in Politik wie Privatleben nachgerade bewundert. | |
Und so sind die wahren Verlierer ausgerechnet die oppositionellen | |
Demokraten (PD). Sie liegen bloß ein Prozent über jener Schwelle, die im | |
Vorfeld parteiintern zum absoluten Minimum erklärt worden war. | |
Und sie können sich auch nicht über den Erfolg der anderen | |
Oppositionspartei "Italien der Werte" freuen. Die nämlich klagt unter | |
Exstaatsanwalt Antonio Di Pietro einen viel radikaleren Oppositionskurs ein | |
und setzt auf eine weitere Erosion der PD. Damit stehen heftige | |
Auseinandersetzungen bei den Demokraten an, geht der Grabenkrieg zwischen | |
den beiden Oppositionsparteien weiter. Und zugleich wird die aus dem | |
Europarlament verbannte radikale Linke ihre Spaltungen weiter vorantreiben | |
- während Berlusconi fester im Sattel sitzt denn je. | |
8 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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