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# taz.de -- Arzneimittel bei Frauen: Der kleine Unterschied in der Medizin
> Medikamente wirken bei Frauen und Männern unterschiedlich. Dem trägt die
> Forschung nicht angemessen Rechnung, kritisiert eine Forscherin.
Bild: Studien für Stiche: Medizin muss auch auf das Geschlecht angepasst werde…
BERLIN taz | Die Erkenntnis, dass Medikamente bei Frauen und Männern
unterschiedlich wirken, hat sich mittlerweile auch im Arzneimittelgesetz
niedergeschlagen: Die Studien-Population für Arzneimittelstudien muss seit
fünf Jahren Männer und Frauen in einem angemessenen Verhältnis
berücksichtigen. Doch es gibt immer noch zu wenig Studien dieser Art,
kritisierte Katrin Janhsen, Professorin für Pharmakologie und Toxikologie
an der Uni Osnabrück, bei einem Fachgespräch des Deutschen Frauenrats zum
Thema "Gender in der Medizin" in Berlin. Zudem erreichten die Ergebnisse
dieser Studien ÄrztInnen und PatientInnen oft nicht.
Janhsen plädiert dafür, in die nächste Novelle des Arzneimittelgesetzes
einen neuen Passus aufzunehmen: Pharmaunternehmen sollen ihre verfügbaren
Fachinformationen aus den Studien ÄrztInnen, ApothekerInnen und anderem
medizinischen Fachpersonal zugänglich machen müssen.
Zu wenig Studien gibt es, weil Frauen als "schwierige" Probandinnen gelten.
Sie könnten während der Studien schwanger werden, die Folgen für die
Säuglinge sind unabsehbar - und der Pharmakonzern für etwaige Missbildungen
haftbar.
Daneben gibt es aber auch zwei methodische Gründe, warum Frauen in Studien
oft nicht berücksichtigt werden und unterrepräsentiert sind: der weibliche
Zyklus sowie die Tatsache, das viele Frauen die Anti-Baby-Pille einnehmen.
Diese beiden Faktoren haben sowohl einen Einfluss auf Hormone als auch auf
die Stoffwechselenzyme und können so die Ergebnisse verfälschen, so die
Befürchtung. Janhsen dagegen meint: "Die Praxis zeigt, dass man diese
Faktoren durchaus in Studien einplanen kann".
Genauere Zahlen über den Einbezug von Frauen in Medikamentenstudien gibt es
noch nicht - unter anderem, weil die Zulassungsverfahren sehr lange dauern.
Auch gelten die Vorschriften nur für Neuzulassungen.
Aber gerade bei schon lange gebräuchlichen Mitteln stellen sich oft fatal
andere Wirkungen ein. Als Beispiel nennt Janhsen Morphin. Bei Frauen wirkt
das Schmerzmittel deutlich stärker als bei Männern. Sie können schon bei
einer 30 Prozent niedrigeren Dosierung Atemstörungen bekommen.
Auch der Betablocker Metoprolol, der auch zur Migräne-Vorbeugung eingesetzt
wird, wirkt anders: Viel mehr Frauen kommen wegen erheblicher
Nebenwirkungen ins Krankenhaus als Männer - obwohl das Mittel gegen
Herzkreislaufkrankheiten nicht weniger Männern verschrieben wird -, sondern
eher weniger Frauen. "Pillen müssen passen", nannte Katrin Janhsen ihren
Vortrag deshalb.
Allerdings sollten Patienten jetzt keinesfalls selbst ihre Medikamente
dosieren, sondern sich an die Empfehlung des Arztes halten, warnt Janhsen.
Sie erklärt, dass allein schon durch das durchschnittlich geringere Gewicht
von Frauen Medikamente ganz andere Wirkungen haben können als bei Männern.
Zusätzliche Faktoren sind die unterschiedliche Fett- und Wasserverteilung,
und auch die zwischen den Geschlechtern ungleich verteilten
Stoffwechselenzyme und Hormone könnten zu Unter- oder Überdosen bei der
Medikamentierung führen. Daher seien auch genauere Informationen über die
Wirkungen von Medikamenten bei beiden Geschlechtern notwendig - die dann
auch bei den ÄrztInnen ankommen müssen.
MONIKA SCHMIDTKE
15 Jun 2009
## AUTOREN
Monika Schmidtke
## TAGS
Gender
Arzneimittelstudien
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