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# taz.de -- Forschung und Militär: Rüstungsproduzent als Uni-Ehrenbürger
> Bremer Uni berät heute über hohe Auszeichnung für Besitzerehepaar des
> Satellitenbauers und Uni-Forschungspartners OHB Technology. Dabei
> verbieten die Beschlüsse der Hochschule Rüstungsforschung.
Bild: Manfred Fuchs (links) erklärt einem Vizeadmiral der Bundeswehr den Aufba…
Die Laudatio ist schon fertig: "Die Eheleute Manfred und Christa Fuchs
haben mit einer Vielzahl von Forschungskooperationen ganz wesentliche
Beiträge für den Erfolg der Universität geleistet," heißt es darin. Die
Hochschule sei dem Unternehmerpaar "in hohem Maße zu Dank verpflichtet".
Heute soll deshalb der Akademische Senat beschließen, dass die beiden
Geschäftsführer des Bremer Familienunternehmens Orbitale Hochtechnologie
Bremen (OHB Technology) mit dem Titel "Ehrenbürger und Förderer der
Universität Bremen" ausgezeichnet werden.
Ginge der Antrag durch, dann würde der Akademische Senat wohl seinen
eigenen Beschlüssen widersprechen. Denn gleich mehrere bis heute gültige
Entscheidungen des Gremiums schließen Rüstungsforschung an der Hochschule
aus. Im Beschluss Nummer 5757 aus dem Jahr 1992 etwa heißt es: "Der
Akademische Senat lehnt jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit
militärischer Nutzung beziehungsweise Zielsetzung ab und fordert die
Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel abzulehnen,
die Rüstungszwecken dienen können."
Dieses Ausschlusskriterium wird von der Fuchs-Familie fraglos erfüllt. OHB
ist einer der weltweit führenden Hersteller von zivilen, aber auch
militärischen Satelliten. 2008 hat der Konzern mit 1.200 MitarbeiterInnen
rund 220 Millionen Euro Umsatz gemacht.
Eines der bekanntesten Produkte der Fuchs-Gruppe ist das nach
Bundeswehrangaben fast 750 Millionen Euro teure Radarsatellitensystem
SAR-Lupe. Dabei handelt es sich um einen 2008 in Betrieb genommenen Verbund
von fünf Kleinsatelliten. Er versetzt das deutsche und das französische
Militär - die beiden Länder teilen sich die SAR-Lupe - in die Lage,
innerhalb weniger Stunden hoch aufgelöste Bilder von jedem Punkt der Erde
zu machen. Dank der Alcatel-Radartechnik funktioniert dies auch im Dunkeln
und durch eine geschlossene Wolkendecke hindurch. Weil bis zu seiner
Fertigstellung nur die USA über solche Technik verfügten, gilt die SAR-Lupe
als eine der entscheidenden Voraussetzungen für die Fähigkeit der
EU-Staaten, unabhängig von den USA Kriege führen zu können.
"Es ist zu fragen, ob die geplante Verleihung nicht im Widerspruch zu
Beschlüssen der Universität steht, die Forschung mit militärischer
Zielsetzung ablehnt," sagt der Bremer Informatik-Professor Hans-Gerog
Kreowski, der auch Vorsitzender des "Forums InformatikerInnen für Frieden
und gesellschaftliche Verantwortung" ist. Für ihn seien diese Beschlüsse
"jedenfalls nicht überholt," so dass "erheblicher Diskussionsbedarf"
bestehe. "Nach meinem Verständnis ist die Verpflichtung zu ziviler
Forschung nicht vereinbar mit der Ehrung für zwei Führungskräfte eines
Unternehmens, das auch für militärische Forschung und Entwicklung steht."
Laut Uni-Sprecher Eberhard Scholz ist der Anti-Militär-Beschluss von 1992
"nach wie vor nicht aufgehoben" und wird "sicher in die Diskussion des
Akademischen Senats einfließen". Dieser sei schließlich ein "autonomes
Organ, an dem auch studentische Vertreter und wissenschaftliche Mitarbeiter
beteiligt sind". Die Ehrenbürgerschaft solle Christa und Manfred Fuchs
wegen ihrer Unterstützung des Fachbereichs Produktionstechnik verliehen
werden, der die Auszeichnung beantragt hatte. "Die Raumfahrtwissenschaft
und den Fallturm hätte es ohne die Familie Fuchs vielleicht so nicht
gegeben", sagt Scholz. Das seien aber explizit "keine Projekte
militärischer Natur". Laut Scholz gibt es "keine Rüstungsforschung an der
Uni Bremen," auch wenn es "natürlich immer Graubereiche gebe", wie etwa in
der Informatik. "Da ist unklar, was beispielsweise mit Softwareprogrammen
möglich ist". Das sei eine "ewige Diskussion."
16 Jun 2009
## AUTOREN
Teresa Havlicek
Christian Jakob
## TAGS
Universität Bremen
Physik
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