# taz.de -- Kommentar Gabriels Atompolitik: Kein Mumm, kein Ausstieg | |
> Seit dem Krümmel-Störfall wettert Umweltminister Gabriel mächtig gegen | |
> Atomkraft. Und kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es der | |
> rot-grüne Atomkonsens ist, der nichts taugt. | |
Wer sich erst seit kurzem mit dem Thema Atomkraft beschäftigt, könnte | |
beeindruckt sein. Kaum kommt es in Krümmel zum Störfall, reagiert die | |
Politik. Beherzt zieht Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Atomaufsicht | |
an sich. Und kündigt an, in der kommenden Legislatur die Abschaltung | |
besonders unsicherer Meiler wie den in Krümmel vorantreiben zu wollen. | |
Freilich, wer sich schon länger mit dem Ausstieg beschäftigt, könnte | |
speien. Denn das Problem, dass Gabriel jetzt so lautstark beklagt, hat die | |
SPD selbst produziert: Mit ihrer halbherzigen Haltung, als es in den ersten | |
Jahren von Rot-Grün um die Aushandlung des Atomausstiegs ging. | |
Der durch lange Laufzeiten erkaufte "Atomkonsens" sollte die Industrie | |
berücksichtigen, um den Ausstieg dauerhaft abzusichern. Anstelle von | |
konkreten Abschaltterminen sollte die Festlegung übertragbarer | |
Reststrommengen dafür sorgen, dass veraltete AKWs schneller vom Netz gehen | |
- und dafür modernere länger laufen. | |
Beides ist gescheitert. Die Industrie machte unmittelbar nach dem | |
ausgehandelten Atomkonsens unmissverständlich klar, dass sie sich bei einem | |
Regierungswechsel nicht an den Ausstieg gebunden fühle. Die Reststrommengen | |
haben nur dazu geführt, dass die Konzerne von der Abschaltung bedrohte | |
Reaktoren länger inspizieren lassen. So wird das Aus über die jeweils | |
nächste Bundestagswahl hinausgezögert. Es könnte ja eine ihnen gewogene | |
Regierung gewählt werden. | |
Bislang wurden nur die AKWs Stade und Obrigheim abgeschaltet. Wobei Stade | |
sich ohnehin nicht mehr rechnete. Wäre 2000 klargewesen, dass in drei | |
Legislaturperioden gerade mal die Abschaltung eines AKWs erzwungen wird, | |
der Atomkonsens wäre nicht durchsetzbar gewesen. Er ist Dokument des | |
Versagens von Rot-Grün. Darüber kann auch Gabriels Wahlkampfgetöse nicht | |
hinwegtäuschen. | |
7 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Matthias Urbach | |
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