Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Chinas neue Medienstrategie: Peking lernt vom Westen
> Die chinesische Regierung lässt ausländische Journalisten in die
> Hauptstadt der Unruheprovinz, kontrolliert sie aber streng. Das Internet
> ist dort gesperrt.
Bild: Ungeplanter Zusammenstoß: Chinas Führung kann nicht alles vor den Augen…
BERLIN taz | Auf den ersten Blick gleichen Pekings Reaktionen auf die
Gewalt in Ürümqi denen auf die Tibet-Unruhen vom vergangenen Jahr. Wieder
wird die Schuld allein Kräften im Ausland gegeben und wieder wird die
inländische Berichterstattung massiv zensiert. Doch es gibt einen großen
Unterschied: Statt wie damals Tibet schnell für ausländische Journalisten
zu sperren, die bis heute nicht frei dorthin reisen dürfen, luden diesmal
Chinas Behörden 60 Auslandskorrespondenten in Peking und Reporter
englischsprachiger chinesischer Medien sofort nach Ürümqi ein. Dort wurde
in einem Hotel für sie ein Pressezentrum eingerichtet, in dem die
Journalisten mit Pekings Propaganda gefüttert werden und
Übertragungsmöglichkeiten haben, die außerhalb gesperrt sind. Auch dies
erleichtert Kontrolle und Lenkung.
Was du nicht verhindern kannst, versuche zu kontrollieren, scheint Pekings
neue Devise zu lauten, die damit der westlicher PR-Strategen ähnelt. Also
nimmt Peking lieber ausländische Berichte in Kauf, die außer Kritik auch
Pekings Sichtweise enthalten, als ein gefährliches Informationsvakuum
zuzulassen, das von Exilkräften gefüllt wird und international zu einem
verheerenden Bild führt. Denn eine komplette Informationsblockade, die
heute angesichts weit verbreiteter elektronischer Möglichkeiten immer
schwerer durchzusetzen ist, weckt per se Verdacht. Dies lässt die ebenfalls
nicht überprüfbaren Informationen von Exilkräften automatisch glaubwürdiger
erscheinen.
Pekings neue Medienstrategie ist nicht ohne Risiken. Das wurde am Dienstag
deutlich, als der Journalistentross bei dem von Peking arrangierten Besuch
ausgebrannter Geschäfte spontan Proteste auslöste, bei denen uigurische
Frauen gegen die Behandlung ihrer Männer protestierten. Ähnliches passierte
in Tibet vor einem Jahr, doch da lagen zwischen der geführten Pressetour
und den Unruhen schon Wochen. Damals riskierten Mönche gegenüber den
Aufpassern der Journalisten Kopf und Kragen, um ihre tibetische Sicht zu
schildern. Ähnliches dürfte jetzt den Uigurinnen drohen.
Pekings neue Medienstrategie hat mit freier Berichterstattung nichts zu
tun, selbst wenn es den Reportern vereinzelt gelingen sollte, ihre
Aufpasser abzuschütteln und unbeobachtet Interviews zu führen. Denn
chinesischsprachige Medien können weiterhin nicht unzensiert und ungelenkt
berichten und sind in den meisten Städten Chinas darauf angewiesen, die
Berichte der zentralen Nachrichtenagentur Xinhua zu übernehmen.
Ein Indikator, dass sich im Inland die Situation nicht verbessert, sondern
verschlechtert, ist die Sperrung des Internets in Ürümqi. Peking hat die
Proteste nach der gefälschten Wahl im Iran und die Rolle von Twitter sehr
genau analysiert. Die Sperrung des Internets in Ürümqi und die Zensur
entsprechender Blogs wird jetzt lapidar mit der Notwendigkeit begründet,
"die Gewalt zu beenden".
Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" verurteilt das Vorgehen der
chinesischen Regierung gegen Online-Medien in der Provinz Xinjiang. "Ürümqi
ist derzeit vom Rest der Welt abgeschnitten", erklärte die Organisation.
Mehr als 50 uigurische Internetforen seien geschlossen worden, die
Webseiten von Twitter, YouTube oder Tianshannet seien in der Provinz nicht
mehr zugänglich. SVEN HANSEN
8 Jul 2009
## AUTOREN
Sven Hansen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Uiguren in China: Ohne Autonomie keine Lösung
In der Provinz Xinjiang reagieren die überlegenen Han-Chinesen mit
anti-uigurischer Gewalt. Bei einer weiteren Eskalation würde sich Pekings
politisches Scheitern vollends zeigen.
Unruhen in Ürümqi halten an: Präsident Hu verlässt G-8-Gipfel
Noch immer hat sich die Lage in Ürümqi nicht beruhigt. Chinas Präsident Hu
Jintao verließ eigens Italien, wo er eigentlich am G-8-Gipfel teilnehmen
wollte. Exil-Uiguren zählen 400 Tote.
Chinas Uiguren-Provinz in Unruhe: Leicht entflammbare Atmosphäre
156 Menschen starben bei den Krawallen In Urumqi, der Hauptstadt von
Xinjiang. Die örtlichen Behörden sind nur wenig auskunftsfreudig und
ersticken jeden neuen Protest schon im Kern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.