# taz.de -- Unruhen in Ürümqi halten an: Präsident Hu verlässt G-8-Gipfel | |
> Noch immer hat sich die Lage in Ürümqi nicht beruhigt. Chinas Präsident | |
> Hu Jintao verließ eigens Italien, wo er eigentlich am G-8-Gipfel | |
> teilnehmen wollte. Exil-Uiguren zählen 400 Tote. | |
Bild: Sollen für Ruhe sorgen: Militärpatroille in Ürümqi. | |
ÜRÜMQI afp/ap | Wegen der Ausschreitungen in der chinesischen Region | |
Xinjiang nimmt Staatspräsident Hu Jintao nicht am G-8-Gipfel in L'Aquila | |
teil. Hu flog von Italien aus zurück nach China, wie das Außenministerium | |
in Peking mitteilte. Auch ein Besuch in Portugal wurde gestrichen. Bei den | |
Ausschreitungen zwischen Chinesen und der Minderheit der Uiguren kamen seit | |
Sonntag mindestens 156 Menschen ums Leben. Nach Angaben der Uiguren waren | |
es sogar deutlich mehr. | |
So erklärte der Uigurischen Weltkongresses, es seien rund 400 Uiguren von | |
Polizisten getötet worden. Sie seien durch "Schüsse und Schläge" ums Leben | |
gekommen, schrieb die im Exil lebende Uiguren-Führerin Rebiya Kadeer am | |
Mittwoch in einem Beitrag für die asiatische Ausgabe der Zeitung Wall | |
Street Journal. | |
Für die Nacht zum Mittwoch erließen die Behörden eine Ausgangssperre für | |
die Hauptstadt der betroffenen Region, Ürümqi, wo 2,3 Millionen Menschen | |
leben. Die Sicherheitskräfte sind mit zahlreichen Kräften vor Ort, um | |
Zusammenstöße zwischen den beiden den muslimischen Uiguren und Han-Chinesen | |
zu verhindern. Sie setzten auch Hubschrauber ein. | |
Lage noch nicht beruhigt | |
Am Dienstag hatte die Polizei in Xinjiang die Lage noch nicht unter | |
Kontrolle. Obwohl Hunderte Sicherheitskräfte in den Straßen | |
patrouillierten, kam es zu Protesten von Uiguren und Hunderten | |
Han-Chinesen. Eine Gruppe von Uiguren griff am Bahnhof von Ürümqi Menschen | |
an, in einem anderen Stadtteil lieferte sich eine Gruppe von 200 zumeist | |
weiblichen uigurischen Demonstranten ein Handgemenge mit der Polizei. Am | |
Nachmittag zogen rund 1.000 Han-Chinesen mit Knüppeln bewaffnet wütend | |
durch die Straßen. | |
Die Gewalt ist ein herber Rückschlag für die chinesische Regierung, die zum | |
60. Jahrestag der kommunistischen Herrschaft im Oktober das Bild einer | |
"harmonischen Gesellschaft" präsentieren wollte. Trotz des jahrelangen | |
wirtschaftlichen Aufschwunges ist es noch nicht gelungen, die Gräben | |
zwischen den Volksgruppen zu überwinden. | |
Uiguren-Führerin Rebiya Kadeer beruft sich in einem Beitrag fürs Wall | |
Street Journal auf eigene Quellen in der Provinz Xinjiang, die von den | |
Uiguren als Ostturkestan bezeichnet wird. Die Proteste hätten sich | |
mittlerweile über die Regionalhauptstadt Ürümqi hinaus auf andere Teile der | |
Provinz ausgeweitet, berichtete Kadeer. So gebe es auch unbestätigte | |
Berichte über mehr als 100 Tote in der Stadt Kashgar. | |
Besorgt zeigte sich die Uiguren-Führerin über verschärfte | |
Sicherheitsmaßnahmen der chinesischen Behörden wie Hausdurchsuchungen und | |
Festnahmen. Kadeer erklärte, dass sie Gewaltanwendung auf beiden Seiten | |
ablehne. Sie verurteile die "übertriebene Gewalt gegen Demonstranten" | |
genauso wie die Übergriffe der Uiguren bei einer zunächst friedlichen | |
Demonstrantion gegen den Tod zweier uigurischer Fabrikarbeiter am | |
Wochenende. | |
Peking wirft der Chefin des Uigurischen Weltkongresses vor, die | |
Ausschreitungen angestiftet zu haben. Die Uiguren machen dagegen die | |
chinesische Seite für die Gewalt verantwortlich. | |
8 Jul 2009 | |
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