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# taz.de -- Superstar zurück in Hollywood: Das Beckham-Experiment
> Die englische Fußball-Lifestyle-Ikone wird mit Pfiffen in Los Angeles
> empfangen und möchte am liebsten gleich wieder gehen.
Bild: Ich bin ein Star, holt mich hier raus! David Beckham im Dschungelcamp Hol…
Sicherlich ist in den USA Fußball nicht weniger ein Geschäft als in Europa.
Aber auch hier gelten rudimentäre Werte wie Treue und Teamgeist. Hüter
dieser Werte sind in der Regel die Fans - nicht nur im Ruhrpott, sondern
auch in Kalifornien. So wurde der englische Superstar David Beckham am
Sonntag beim Testspiel seiner Los Angeles Galaxy gegen ebenden AC Mailand,
für den Becks für fünf Monate aus L.A. verschwand, ausgepfiffen. Das Spiel
endete 2:2, aber Buhrufe und Pfiffe, mit denen Beckham bedacht wurde,
Plakate, die ihn als Übel und Betrüger betitelten und ihn gleich bei seiner
ersten Heimvorstellung nach seiner Rückkehr wieder nach Hause
komplementieren wollten, hatten andere Ursachen.
"Ich würde alles dafür tun, um an der WM 2010 teilzunehmen. Deshalb mache
ich mir definitiv Gedanken über eine Rückkehr nach England", hatte Beckham
erklärt und sich selbst ins Gespräch für einen Wechsel zurück ins
Mutterland des Fußballs gebracht. Nicht ohne Wirkung: Die englische
Sonntagszeitung Mail on Sunday meldeten in ihrer letzten Ausgabe, dass
sowohl der FC Chelsea als auch die Tottenham Hottspurs Interesse angemeldet
haben und dem Freistoßspezialisten die Möglichkeit geben wollen, sich
Nationaltrainer Fabio Capello in der Premier League zu präsentieren. Aber
auch Milans neuer Trainer Leonardo Araujo gab an, sich eine erneute
Zusammenarbeit vorstellen zu können. Er habe sogar schon mit Beckham
darüber gesprochen.
Während man Beckham in der Heimat also noch einiges Feuer zuschreibt, gilt
der 34-jährige in L. A. schon jetzt als ausgebrannt. Waren seine Leistungen
für den kalifornischen Klub bislang doch eher mager. Zudem fehlte er
monatelang wegen ein Knöchelverletzung, bevor auf eigenen Wunsch nach
Mailand ausgeliehen wurde. Der amerikanische Fußballfan interpretierte das
als Lustlosigkeit. Zudem hatte sein Teamkollege London Donavan bereits im
Buch "The Beckham Experiment" von Grant Wahl mit dem englischen Star
abgerechnet. Auch wenn Donavon inzwischen bereute, vor der Veröffentlichung
nicht mit dem Teamkollegen geredet zu haben, muss sich Becks gefallen
lassen, mangelnden Teamgeist vorgeworfen zu bekommen. Er habe sich weder
auf dem Spielfeld noch außerhalb für die Mannschaft eingesetzt. Auch wenn
beide Spieler sich vor Beckhams Rückkehr ausgesprochen haben, sind diese
Äußerungen doch symptomatisch für die Sicht der Amerikaner auf die
englische Ikone, deren Image in den Staaten zum eitlen und ehrlosen
Werbemaskottchen verkommt.
Nun droht Beckham ein unrühmlicher Abgang. Noch vor 24 Monaten hatte ein
amerikanischer TV-Sender für die Fernsehübertragung des Umzugs des Ehepaars
Beckham von Madrid nach L. A. Millionen gezahlt. Beckhams Frau,
Ex-Spice-Girl Victoria, galt als treibende Kraft hinter dem Engagement in
der Filmstadt. Ihre Ambitionen, in amerikanischen Serien und Filmen
aufzutreten, und die medienwirksame Freundschaft zum Promiehepaar Tom
Cruise und Kathie Holmes verliehen dem Einstieg des Briten, der einst als
metrosexuelle Stilikone gefeiert wurde, angemessenen Glanz für Hollywood.
Nun aber ist die Enttäuschung groß. Denn mit seinem Verhalten führt er
nicht nur die Galaxy vor, sondern auch die ganze Major League Soccer (MLS).
Seine Wechselbestrebungen und die offensichtliche Lustlosigkeit
unterstreichen die Zweitklassigkeit der MLS, die man in Amerika schon
deshalb nicht wahrhaben will, weil die Liga eine Marke ist, die sich
verkaufen muss. Bei der Galaxy versprach man sich eine Leuchtturmfunktion
für den gesamten Fußball durch Beckhams Ballkünste, viele Siege und vor
allem hohe Zuschauerzahlen. Anfänglich kamen auch oft noch 40.000, um dem
Europäer zuzujubeln, mittlerweile aber pendeln sich die Zuschauerzahlen bei
ungefähr 25.000 ein - nicht wirklich viel für einen Klub, der jahrelang die
meisten Zuschauer in der MLS zog. So scheint sich auch für die Galaxy der
Fünfjahresvertrag mit dem Engländer nicht zu lohnen.
Aber dass der Wechsel in die Staaten ein Fehler war, das wollte Beckham
dann doch nicht zugeben: "Man kann erst darüber befinden, ob es ein Fehler
war, wenn es vorbei ist. Und noch ist es nicht vorbei …" Aber wenn es dann
einmal vorbei sein sollte, und das könnte bald sein, scheint es nicht so,
als würden die Fans in Los Angeles ihrem David Beckham auch nur eine
Abschiedsträne im Knopfloch gönnen.
22 Jul 2009
## AUTOREN
Robin Thiesmeyer
## TAGS
Fußball-WM 2022 Katar
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