| # taz.de -- Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft: Lobbyisten auf Sendung | |
| > Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft kommt in der ARD häufig zu | |
| > Wort. Der Sender verheimlicht die Nähe der Talkgäste zur neoliberalen | |
| > Lobbygruppe. | |
| Bild: Nicht nur bei Anne Will dürfen die Lobbyisten der Initiative Neue Sozial… | |
| Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist bekannt für ihre | |
| intransparente PR-Arbeit. Legendär wurde die neoliberale Organisation | |
| spätestens 2002, als bekannt wurde, dass sie für 58.670 Euro Dialoge in der | |
| ARD-Serie "Marienhof" gekauft hatte. | |
| Vehement wirbt die 2000 gegründete Lobbyinitiative seitdem für | |
| Privatisierung, Steuersenkungen und weniger Sozialstaat. Ein wichtiger | |
| Bestandteil ihres PR-Instrumentariums sind die "INSM-Botschafter". Unter | |
| ihnen finden sich prominente Namen wie Roland Berger oder Arend Oetker. | |
| Das ARD-Magazin "plusminus" berichtete 2005, dass gleich drei | |
| INSM-Botschafter in einer Folge der ARD-Sendung "Sabine Christiansen" | |
| anwesend waren. Eine Tradition, die offenbar auch in der Nachfolgesendung | |
| "Anne Will" gepflegt wird. Zuletzt war im Juni der INSM-Berater Bernd | |
| Raffelhüschen zu Gast. | |
| Im März lud man den Berater Oswald Metzger (CDU) und den Botschafter Arnulf | |
| Baring ein, im Dezember den INSM-Gründer Martin Kannegiesser. Am 2. | |
| November fanden sich unter den fünf Gästen mit Arend Oetker und | |
| Fördervereinsmitglied Silvana Koch-Mehrin (FDP) zwei weitere | |
| INSM-Vertreter. Im gleichen Monat kamen auch die Botschafter Dominique | |
| Döttling und Michael Hüther. | |
| Pikant daran: Anne Will moderierte den "Kongress 2002" der INSM und führte | |
| unter anderem ein Interview mit dem damaligen BDI-Präsidenten Michael | |
| Rogowski. Auf die Frage, welches Honorar sie hierfür erhielt, erklärte Nina | |
| Tesenfitz von der Will Media GmbH: "Anne Will gibt generell keine Auskunft | |
| über ihre Einnahmen." | |
| Ein Problem in der gehäuften Präsenz von INSM-Vertretern sieht man bei | |
| "Anne Will" nicht: "Unsere Gäste werden aufgrund ihrer Funktionen, Mandate | |
| und Positionen ausgewählt, nicht aufgrund ihres Verhältnisses zur INSM." | |
| Bernd Raffelhüschen ist in der ARD auch sonst ein gefragter | |
| Gesprächspartner: Am 14. Juli wurde Raffelhüschen, der im Aufsichtsrat der | |
| ERGO-Versicherungsgruppe AG sitzt und dessen Institut gelegentlich mit der | |
| Victoria-Versicherung zusammenarbeitet, von Bayern 2 als "Rentenexperte" | |
| interviewt. | |
| Einen Tag später führte der SWR ein Interview mit ihm zur Rentengarantie. | |
| Darin sprach er - gemäß der Sprachregelung der INSM - von "Reformen". Am | |
| 12. Juli zitierten auch "Tagesschau" und "Tagesthemen" Raffelhüschen als | |
| "Experten" in einem Beitrag zur Rentengarantie. | |
| Nie wurde auf Raffelhüschens INSM-Nähe hingewiesen - obwohl die INSM auf | |
| dem Gebiet der Rente besonders aktiv ist und Raffelhüschen kürzlich in | |
| ihrem Auftrag ein Gutachten zur Rentenformel erstellt hat. "Bei | |
| Wissenschaftlern ist es in unseren Beiträgen unüblich, Beratungs-, | |
| Gutachter- oder sonstige Tätigkeiten des Hochschullehrers zu nennen", so | |
| Kai Gniffke, Chefredakteur von "ARD-aktuell". | |
| Ähnlich äußert sich der SWR-Sprecher Wolfgang Utz: "Nicht alle | |
| Nebenbeschäftigungen, Titel, Forschungsschwerpunkte eines Professors können | |
| in einer Anmoderation genannt werden". | |
| Und sollten irgendwann sowieso alle ARD-Experten und -Gäste von der INSM | |
| kommen, würde sich ein solcher Hinweis dann ja auch erübrigen. | |
| --------------------- | |
| Richtigstellung des NDR vom 24.7.09: | |
| Der Artikel von Marvin Oppong zu Auftritten von INSM-Vertretern im Programm | |
| vom 23.7. enthält neben zahlreichen Weglassungen einen ärgerlichen Fehler: | |
| die falsche Jahreszahl im ersten Absatz. Nicht 2002, sondern erst 2005 | |
| wurde bekannt, dass die INSM Geld an die Produktionsfirma gezahlt hatte, um | |
| auf Dialoge im "Marienhof" Einfluss nehmen zu können. Als Anne Will beim | |
| "Kongress 2002" der INSM moderierte, hat sie von Schleichwerbung im | |
| "Marienhof" nichts gewusst. | |
| Zur Sendung am 21. Juni 2009, in der Raffelhüschen dabei war, stand in der | |
| Gästeinformation u. a. folgender Satz (nachzulesen auf der Website von | |
| "Anne Will"): "Raffelhüschen ist außerdem Berater der arbeitgebernahen | |
| Lobbyorganisation INSM und sitzt in mehreren Aufsichtsräten, unter anderem | |
| bei der ERGO-Versicherungsgruppe." Weitere Gäste waren übrigens Ursula | |
| Engelen-Käfer (DGB), Ralf Stegner (SPD), Jens Spahn (CDU) und die Rentnerin | |
| Lisette Milde. | |
| Gleich der erste Einspielfilm ("Sommermärchen für die Rentner") zitierte | |
| eine Studie von Raffelhüschen unter Hinweis darauf, dass er diese im | |
| Auftrag der INSM erstellt hat. Der letzte Einspielfilm ("Die | |
| Rentenexperten") setzte sich mit der Tatsache auseinander, dass Herr | |
| Raffelhüschen u.a. ein Aufsichtsratsmandat beim Versicherungskonzern ERGO | |
| hat, und stellt die Frage nach seiner Unabhängigkeit als Wissenschaftler. | |
| 24 Jul 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Marvin Oppong | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
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