# taz.de -- Todesstrafe in Japan: Exekution in der Parlamentspause | |
> Die Gegner der Todesstrafe kritisieren die Geheimhaltung von | |
> Exekutionsterminen. Menschenrechtler werfen Japan zudem eine sehr | |
> grausame Behandlung der Todeskandidaten vor. | |
Bild: Die Todeskandidaten in Japan werden unnötig brutal behandelt, meinen Men… | |
TOKIO taz | In Japan sind am Dienstag und damit nur kurz vor der | |
Unterhauswahl am 30. August drei zum Tode verurteilte Mörder hingerichtet | |
worden. Yukio Yamaji (25) vergewaltigte und tötete im Jahr 2005 zwei | |
Schwestern in Osaka, der Chinese Chen Detong (41) brachte 1999 drei | |
Landsmänner um, und 2005 erstickte Hiroshi Maeue (40) seine drei Opfer, | |
darunter einen Minderjährigen. | |
In Japans Todeszellen sitzen jetzt noch 106 Verurteilte, 63 von ihnen | |
kämpfen für eine Revision. Seit 1945 wurden weit über 650 Menschen am | |
Galgen hingerichtet, 2008 waren es 15, dieses Jahr bisher sechs. | |
Justizminister Eisuke Mori nutzte die Auflösung des Parlaments letzte Woche | |
zur Unterzeichnung des Exekutionsbefehls. Auch seine Amtsvorgänger wählten | |
gern Sitzungspausen für Exekutionen, um Kritiker auszubremsen. | |
Für Mori war es die dritte Vollstreckungsanordnung. Dabei hatte der | |
Minister öffentlich bezweifelt, ob wirklich 80 Prozent der Japaner die | |
Todesstrafe unterstützen, wie es eine Regierungsumfrage ergeben hatte. Von | |
der Einführung des Schöffensystems im Mai erhofft sich Mori zudem eine | |
stärkere Diskussion der Todesstrafe. | |
Mit seiner Haltung weicht er von der bisherigen Regierungslinie ab, die | |
Todesstrafe im Geheimen zu vollstrecken, damit die Öffentlichkeit nicht | |
alarmiert wird. Bisher meldet das Justizministerium die Hinrichtungen nur | |
mit einer kurzen Pressemitteilung. Verurteilte erfahren erst wenige Stunden | |
vorher von ihrer Exekution, ihre Angehörigen nur im Nachhinein. | |
Bis auf ein Tonband gibt es bis heute kein einziges Dokument einer | |
Hinrichtung. "In Japan dient die Todesstrafe nicht der Abschreckung, | |
sondern die Regierung will zeigen, dass sie Recht und Ordnung | |
aufrechterhält", erklärt Makoto Teranaka, Generalsekretär von Amnesty | |
International Japan. | |
Nach Ansicht von Menschenrechtlern werden die Todeskandidaten unnötig | |
brutal behandelt. Die Verurteilten dürfen nicht mit anderen Insassen | |
sprechen, nicht fernsehen und keinen Hobbys nachgehen. Nur direkte | |
Angehörige können die Gefangenen besuchen, jedes Gespräch wird überwacht, | |
alle Briefe bis zur Unkenntlichkeit zensiert. Jeder vierte | |
Todeszelleninsasse bekommt gar keinen Besuch. | |
Allein auf knapp sieben Quadratmeter eingepfercht, die Glühlampen niemals | |
ausgeschaltet, fast die Hälfte der Zellen ohne Tageslicht, ertragen viele | |
Gefangene ihre Isolation nur mit Hilfe von Schlaftabletten. Wer aufbegehrt, | |
wird tagelang gefesselt und muss ohne Hände wie ein Hund aus dem Napf | |
essen. | |
Einige Verurteilte warten wegen der extrem langsamen Justiz Jahrzehnte auf | |
ihre Hinrichtung. Hier zeichnet sich etwas Besserung ab: Die Todesurteile | |
der drei jetzt Hingerichteten waren erst vor wenigen Jahren rechtskräftig | |
geworden. Offenbar will das Justizministerium die Urteile "schneller" | |
vollstrecken. | |
29 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
Martin Fritz | |
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Japan | |
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