# taz.de -- Parlamentswahlen in der Republik Moldau: Sieg für die Opposition | |
> Eine knappe Mehrheit stimmt für die Mitte-rechts-Parteien. Kommunisten | |
> bleiben jedoch stärkste Kraft. Die Wahl eines neuen Staatspräsidenten | |
> wird zur ersten Bewährungsprobe. | |
Bild: Auszählung der Stimmen nach der Wahl. | |
BERLIN taz | Die Republik Moldau steht vor einem Machtwechsel. Zwar wurden | |
die Kommunisten (PKRM) bei den vorgezogenen Parlamentswahlen vom | |
vergangenen Mittwoch mit 45,1 Prozent der Stimmen und 48 von insgesamt 101 | |
Mandaten stärkste Kraft. Die vier rechtsliberalen Oppositionsparteien - die | |
Liberaldemokratische Partei in Moldau (PLDM), die Liberale Partei (LP), die | |
Demokratische Partei (PDM) sowie die Allianz unser Moldau (AMN) - kamen | |
jedoch zusammen auf 50,9 Prozent der Stimmen und werden künftig 53 | |
Abgeordnete stellen. Die Wahlbeteiligung lag offiziellen Angaben nach bei | |
knapp 59 Prozent. | |
Die Abstimmung war nötig geworden, weil die Wahl eines neuen | |
Staatsoberhauptes in der Volksvertretung im Juni auch im zweiten Anlauf | |
gescheitert war. Aus den regulären Parlamentswahlen am 5. April waren die | |
seit acht Jahren regierenden Kommunisten mit 49,4 Prozent der Stimmen und | |
60 Sitzen als klarer Sieger hervorgegangen. Nach massiven | |
Wahlbetrugsvorwürfen vonseiten der Oppositionsparteien kam es am 7. April | |
zu den bislang schwersten Ausschreitungen seit der Unabhängigkeit der | |
ehemaligen Sowjetrepublik im Jahre 1991. Demonstranten stürmten das | |
Parlamentsgebäude, wo es zu Plünderungen kam und schließlich ein Brand | |
ausbrach. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und rund 200 Personen | |
festgenommen. | |
Der scheidende kommunistische Staatspräsident Wladimir Woronin hatte das | |
Nachbarland Rumänien beschuldigt, der Drahtzieher der Ausschreitungen | |
gewesen zu sein. Bis heute hintertreiben die Behörden erfolgreich jede Art | |
von Ermittlungen und setzen Organisationen massiv unter Druck, die sich um | |
Aufklärung bemühen. | |
Bereits vor den Wahlen hatten Nichtregierungsorganisationen und | |
Oppositionspolitiker den Kommunisten vorgeworfen, die Arbeit von | |
Wahlbeobachtern zu behindern, Wähler zu bedrohen und einzuschüchtern sowie | |
staatliche Mittel im Wahlkampf missbraucht zu haben. Die Vizevorsitzende | |
der Liberalen Partei, Corina Fusu, kündigte an, wegen Wahlbetrugs vor | |
Gericht zu ziehen. So hätten die Wahllisten Tausende falscher Namen | |
enthalten. Trotz dieser Defizite bezeichnete die Organisation für | |
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wahlen als "weitgehend | |
demokratisch". | |
Ebenfalls gestern kündigte das bisherige Oppositionsbündnis an, die | |
kommunistische Regierung ablösen und eine Koalition bilden zu wollen. Die | |
Parteien des Mitte-rechts-Lagers streben eine engere Bindung an die | |
Europäische Union an und sind für einen Austritt des Landes aus der | |
moskaudominierten Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). | |
Ob die neue Regierung jedoch die monatelange politische Blockade beenden | |
kann, ist derzeit mehr als fraglich. Demnächst steht eine Neuauflage der | |
Präsidentenwahl im Parlament an. Dafür sind 61 Stimmen erforderlich, | |
weswegen das Mitte-rechts-Lager auf die Stimmen von kommunistischen | |
Abgeordneten angewiesen ist. | |
Sollte die Wahl scheitern, wären die Chancen für einen Neuanfang erst | |
einmal vertan. Dabei hätte das Land gerade jetzt politische Stabilität | |
dringend nötig. Drei Viertel der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. | |
Schätzungsweise rund eine Million Moldauer arbeiten legal oder illegal im | |
Ausland. Ihre Zahlungen an Angehörige machen rund 30 Prozent des | |
Bruttoinlandsproduktes aus. | |
Die Republik Moldau ist einer der fünf Mitgliedsstaaten der im vergangenen | |
Mai gegründeten östlichen Partnerschaft, mit der die EU das Land bei der | |
Transformation unterstützen und an EU-Standards heranführen will. | |
31 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
## TAGS | |
Republik Moldau | |
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