# taz.de -- Demo-Recht: Bitte nicht wie in Bayern | |
> Länder dürfen sich jetzt Versammlungsgesetze geben. Hier liegt der | |
> Entwurf in der Schublade, anderswo werden Grundrechte beschnitten, klagt | |
> eine Anwältin | |
Bild: Polizeikessel auf der verbotenen Anti-Repressionsdemo im Dezember | |
taz: Rot-Grün will ein bremisches Versammlungsgesetz verabschieden, um den | |
"antifaschistischen Auftrag der Verfassung" besser erfüllen zu können. Ist | |
das eine gute Idee? | |
Gilljen Theisohn: Das kommt darauf an. Andere Länder versuchen dies zu | |
nutzen, um Demos generell viel restriktiver zu behandeln, nicht nur die von | |
Nazis. | |
Inwiefern? | |
Die Föderalismusreform ermöglicht den Ländern, eigene Versammlungsgesetze | |
zu verabschieden. Baden-Württemberg wollte daraufhin Trommeln verbieten - | |
was etwa Sambagruppen trifft. Bayern versucht "gleichartige Kleidung, die | |
eine gemeinsame politische Haltung zum Ausdruck bringt", untersagen. Das | |
soll sich gegen Nazis und Autonome richten, öffnet aber dem Vorgehen gegen | |
Demonstrierende Tür und Tor - etwa solchen, die sich als Clowns verkleiden. | |
Derzeit wird gegen diese Bestrebungen geklagt. | |
Sollen auch die Rechte der Polizei erweitert werden? | |
Ja. Man versucht der Polizei grundsätzlich zu erlauben, Demos abzufilmen - | |
und nicht, wie bisher, nur bei konkretem Gefahrenverdacht. Außerdem wird | |
die Möglichkeit, Anmelder strafrechtlich zu belangen, ausgeweitet. Da | |
überlegt man sich dreimal, ob man sich als Anmelder zur Verfügung stellt. | |
Warum glauben Sie, dass die Novelle auch in Bremen in diese Richtung zielt? | |
In Bremen liegt der Entwurf derzeit in der Schublade, man will wohl die | |
Bundestagswahl abwarten. Die Erfahrungen zeigen, dass auch hier | |
restriktiver verfahren wird. Im Dezember wurde mit einer sehr fragwürdigen | |
Begründung eine Anti-Repressionsdemo verboten. Fast 200 Personen, die gegen | |
dieses Verbot demonstrierten, haben jetzt Bußgeldbescheide bekommen. | |
Bietet ein neues Gesetz nicht auch Chancen? | |
Es sollte eine unabhängige Schiedsstelle zur Begutachtung von | |
Gefahrenprognosen eingerichtet werden. Im Dezember hat die Polizei ohne | |
Vorlage von Belegen gesagt: "Wir haben Erkenntnisse, dass es nicht | |
friedlich bleibt." Die Prognose wird nicht spezifiziert. Anmelder können | |
sich so vor Gericht nicht wehren. Auch die Gerichte erfahren oft kaum, was | |
genau die Gefahreneinschätzung begründet. | |
Und wie soll diese Schiedsstelle funktionieren? | |
Sie könnte etwa beim Landesdatenschutzbeauftragten angesiedelt werden. Sie | |
sollte Einsicht in die polizeilichen Unterlagen nehmen und sich so dazu | |
äußern können, ob die Erkenntnisse ein Verbot rechtfertigen. | |
Die Einschätzung der Polizei reicht ihnen nicht? | |
Die Freie Hansestadt Bremen ist in solchen Fällen Partei und hat eigene | |
Interessen. Deswegen ist es auch ein Unding, dass sich die Politik bis | |
heute weigert, Beamte im Einsatz zu kennzeichnen. | |
Deren Persönlichkeitsrechte sollen geschützt werden. | |
Man kann sie aber mit der Dienstnummer kennzeichnen. Das würde es erheblich | |
erleichtern, gegen polizeiliche Übergriffe vorzugehen. Allerdings gehört | |
das nicht nur ins Versammlungsgesetz. Im Gegensatz übrigens zum | |
Vermummungsverbot: Das gehört abgeschafft. | |
Polizisten sollen künftig gekennzeichnet werden, Demonstranten sich aber | |
vermummen dürfen? | |
Es würde genügen, wenn Polizisten anonym mit Nummer gekennzeichnet wären. | |
Das reicht, um ihre schutzwürdigen Belange zu wahren. Es kommt heutzutage | |
aber immer öfter vor, dass Nazis linke Demos filmen, die Aufnahmen ins Netz | |
stellen und zur Gewalt aufrufen. Kürzlich gab das Amtsgericht Verden einem | |
Demonstranten recht, der sich vermummte, als Nazis ihn filmten. Und bei den | |
jüngsten Demos von Iranern in Hamburg wurde das Verbot hochoffiziell | |
aufgehoben - man fürchtete, der Geheimdienst werde die Exilanten filmen. | |
4 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
Christian Jakob | |
## TAGS | |
Lüneburg | |
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