# taz.de -- Menschenrechte light: Merkel bevorzugt russische Wirtschaft | |
> Bei ihrem Treffen mit dem russischen Präsidenten kritisierte die | |
> Kanzlerin die Lage der Menschenrechte - und vereinbarte wirtschaftliche | |
> Zusammenarbeit. | |
Bild: So schön haben es Merkel und Medwedjew. Wer denkt da an tote Menschenrec… | |
BERLIN taz | Präsident Dmitri Medwedjew war voll des Lobes über seinen | |
deutschen Gast. "Es geht aufwärts mit der deutschen Wirtschaft", so der | |
russische Präsident zu Beginn der Zusammenkunft mit Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel (CDU), "und das ist zweifellos das Ergebnis der konsequenten Arbeit | |
der deutschen Regierung." | |
Es gelte, so Medwedjew weiter, gemeinsam darüber nachzudenken, wie man die | |
bilateralen, wirtschaftlichen und strategischen Kontakte ausbauen, die | |
Folgen der globalen Wirtschaftskrise überwinden und gestärkt aus dieser | |
hervorgehen könne. | |
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hatten sich Merkel und Medwedjew | |
ebenfalls in Sotschi getroffen. Doch das Treffen am 15. August 2008 war ein | |
Krisentreffen, bei dem eine weitere Eskalation des Georgienkrieges | |
verhindert werden sollte. | |
Dieses Mal standen wirtschaftliche Fragen im Vordergrund. Es war das achte | |
Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident | |
Dmitri Medwedjew in dessen Amtszeit. | |
Bundeskanzlerin Merkel folgte einer Einladung des russischen Präsidenten, | |
der sie im Juli im Rahmen der deutsch-russischen Konsultationen in Bayern | |
zu einem Besuch nach Russland eingeladen hatte. In München hatten Medwedjew | |
und Merkel mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart. | |
Wie bereits in Bayern vereinbart, soll der Bau der Ostseepipeline "North | |
Stream", die russisches Gas direkt über die Ostsee nach Deutschland leitet, | |
weiter vorangetrieben werden. Gleichzeitig war man bemüht, den Konflikt um | |
die Nabucco-Pipeline, die Gas unter Umgehung Russlands nach Europa bringt, | |
zu entschärfen. | |
Mit auf der Tagesordnung war der mögliche Kauf der Wadan-Werften in Rostock | |
und in Wismar durch russische Investoren. Man sei zuversichtlich, dass die | |
Wadan-Werften mit einem neuen russischen Investor eine gute Zukunft haben | |
würden. Hier bahne sich eine Kooperation an, meinte Medwedjew, die man, | |
falls es notwendig sei, auch von Seiten der Regierung begleiten wolle. | |
Überschattet worden war das letzte Treffen der beiden Staatschefs vom Mord | |
an der Menschenrechtlerin Sarema Sadulajewa und ihrem Mann am 11. August. | |
Der russische Präsident Dmitri Medwedjew sagte, es sei "die Pflicht des | |
Staates und des Präsidenten, das Leben aller Staatsbürger zu schützen". | |
Merkel sagte: "Ich weiß, dass dem russischen Präsidenten die Menschenrechte | |
sehr am Herzen liegen." Es müsse alles unternommen werden, dass die | |
Verantwortlichen für die Morde auch zur Rechenschaft gezogen würden. Die | |
Bundeskanzlerin nannte die Taten "abscheuliche Morde". | |
Diese seien politische Taten, deren Ziel es sei, die ganze Kaukasusregion | |
zu destabilisieren, betonte der russische Präsident bei der gemeinsamen | |
Pressekonferenz. | |
Am 11. August hatte sich die Organisation "Reporter ohne Grenzen" an die | |
Bundeskanzlerin mit der Bitte gewandt, sich bei ihrem Treffen mit Präsident | |
Medwedjew auch über die schwierige Lage der Medien in der Russischen | |
Föderation zu äußern. Erst kürzlich, so die Organisation, sei der | |
dagestanische Journalist Malik Achmedilow erschossen aufgefunden worden. | |
Bereits vor ihrer Abreise nach Sotschi hatte Merkel in einem Interview mit | |
dem Deutschlandradio angekündigt, sie werde das Thema Menschenrechte | |
ansprechen. Die Morde an Mitarbeitern von Hilfsorganisationen in | |
Tschetschenien seien nicht akzeptabel. Russland müsse sich ernsthaft um die | |
Aufklärung der Taten bemühen, so Merkel. | |
Umweltpolitische Themen scheinen beim Treffen zwischen Merkel und Präsident | |
Medwedjew allenfalls am Rande behandelt worden zu sein. | |
Kürzlich hatte sich Greenpeace Russland in einem Brief an Unep, das | |
Umweltprogramm der Vereinten Nationen, gewandt, und sich darüber beklagt, | |
dass beim Bau einer neuen Straße für die Olympischen Winterspiele in der | |
Nähe von Sotschi einzigartige Pflanzen und Bäume vernichtet würden. Es sei | |
gesetzwidrig, so die Umweltorganisation, Straßen in Naturschutzgebieten | |
ohne vorherige Umweltgutachten zu bauen. | |
15 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
## TAGS | |
Pipeline | |
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