# taz.de -- Kommentar Merkels Russlandpolitik: Kurswechsel in Sotschi | |
> Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Dmitir | |
> Medwedjew demonstrieren Harmonie. Von dem Streit über die Kaukasuspolitik | |
> ist nichts mehr zu spüren. | |
Gleicher Ort, gleiches Personal - doch unterschiedlicher hätten die beiden | |
Szenen kaum sein können. Als Kanzlerin Angela Merkel vor exakt einem Jahr | |
mit dem russischen Präsidenten Dmitir Medwedjew im Schwarzmeerbad Sotschi | |
vor die Presse trat, war die Atmosphäre zwischen den beiden Politikern fast | |
wie im Kalten Krieg. Der Eindruck einer neuen Eiszeit in den | |
deutsch-russischen Beziehungen verstärkte sich noch, als Merkel wenige Tage | |
später dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili eine künftige | |
Nato-Mitgliedschaft in Aussicht stellte. | |
Kaum zu glauben, dass all dies erst zwölf Monate zurückliegen soll. Bei | |
ihrem neuerlichen Zusammentreffen in Sotschi demonstrierten die beiden | |
Harmonie, wie schon vier Wochen zuvor beim deutsch-russischen Gipfel in | |
München. Vordergründig ist es neben dem weltpolitischen Wandel durch den | |
Regierungswechsel in den USA vor allem die Krise, die Merkel und Medwedjew | |
zusammenschweißt. Deutschland erhofft sich russische Hilfe bei der Rettung | |
von Schiffs- und Autobauern, für die hiesige Exportwirtschaft ist in der | |
Krise der russische Markt wichtiger denn je. Umgekehrt haben sinkende | |
Energiepreise Russlands Abhängigkeit vom Westen verstärkt. | |
Merkel wird allerdings auch nicht entgangen sein, dass ihr harter Kurs im | |
Kaukasuskonflikt innenpolitisch schlecht angekommen ist. Eine Mehrheit der | |
Deutschen bekundete in Umfragen Ängste vor einem neuen Kalten Krieg und | |
sprach sich für einen fairen Umgang mit Russland aus, selbst Außenpolitiker | |
der Kohl-Ära kritisierten den Kurs der Kanzlerin. Die Konfrontation mit | |
Russland war nicht nur außenpolitisch gefährlich, sondern auch wahltaktisch | |
riskant. Für die SPD und ihren Kanzlerkandidaten wäre es eines der letzten | |
glaubwürdigen Profilierungsthemen gewesen. Auch das hat ihnen Merkel nun | |
genommen. | |
14 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Ralph Bollmann | |
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