# taz.de -- Kommentar Mobbing am Arbeitsplatz: Solidarität statt Ausgrenzung | |
> Unternehmer, die ältere und besser bezahlte Arbeitnehmer aus den Betrieb | |
> mobben, betrügen ihre Mitarbeiter. Sie kündigen einseitig den | |
> Leistungsdeal. | |
Mobbing ist billiger als ein Sozialplan. So funktioniert die Logik mancher | |
Chefs, die Beschäftigte mit Psychoterror quälen. Ein Angestellter, der nach | |
diversen Krankschreibungen irgendwann aus psychischen Gründen in die | |
Frühverrentung wechselt, muss schließlich nicht teuer abgefunden werden. | |
Die Schäden, die Mobbing anrichtet, sind immens - egal, ob es nun von Chefs | |
ausgeht oder von KollegInnen. Es isoliert Menschen durch systematische | |
Ausgrenzung, viele Opfer können nach solch einer zerstörenden Erfahrung nie | |
mehr arbeiten. | |
Mobbing kündigt wesentliche Prinzipien auf, auf denen die Arbeitswelt | |
basiert. Zusammenarbeit im Betrieb ist durch Regeln strukturiert, Mobbing | |
hingegen bleibt dunkel und intransparent. Betroffene können sich vor | |
Gericht kaum wehren, weil es oft in Vieraugensituationen passiert oder | |
schwer zu definieren ist. Ist es schon Mobbing, wenn alle einen in | |
Diskussionen ignorieren? Wenn keiner grüßt? Oder die Kaffeetasse ständig | |
verschwindet? | |
Mobbing ist zudem der Ausdruck einer individualisierten Gesellschaft, die | |
in den vergangenen Jahren auf ökonomische Effizienz gesetzt hat. Ob nun | |
Unis ihre Studierenden auf Leistung trimmen, Firmen ständiges Funktionieren | |
fordern oder die Gesellschaft Arbeitslosigkeit nach wie vor als selbst | |
verschuldet stigmatisiert, all dies nährt eine Kultur, die Mobbing fördert. | |
Dass es häufig ältere Arbeitnehmer trifft, belegt nicht nur, dass | |
Erfahrungswissen kaum noch geschätzt wird. Es beweist auch, wie zynisch | |
Firmen ihren Vorteil ausrechnen. In Deutschland ist die Entlohnung in der | |
Regel nach dem Senioritätsprinzip organisiert. Junge Beschäftigte leisten | |
viel und bekommen wenig Geld. Je länger ein Angestellter im Betrieb | |
arbeitet, desto mehr Lohn bezieht er - auch wenn im Alter die Produktivität | |
sinkt. Kappen nun Unternehmen durch Mobbing die bestbezahlten Jahre, | |
betrügen sie die MitarbeiterInnen, indem sie den Leistungsdeal kündigen. | |
Den Betroffenen bleibt im Prinzip nur eines: Sie müssen der Strategie | |
Mobbing eine eigene Strategie entgegensetzen. Und sich sofort und | |
koordiniert zur Wehr setzen - indem sie Vorfälle protokollieren, Hilfe | |
suchen und Solidarität einfordern. | |
14 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
Ulrich Schulte | |
## TAGS | |
Arbeitsrecht | |
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