# taz.de -- Schanzenfest: Prügel nach der Kissenschlacht | |
> Nach einer fröhlichen Feier kommt es am frühen Morgen zu Ausschreitungen | |
> im Schanzenviertel. Vermummte attackieren das Polizeirevier | |
> Lerchenstraße. | |
Bild: Nachts nach dem Schanzenfest: Protest gegen das Vorgehen der Polizei trif… | |
Weiße Federflocken schneien bei sommerlichen Temperaturen von oben herab | |
auf die feiernde Menge, die fröhlich jauchzt - ausgelassene Stimmung vor | |
der Roten Flora im Schanzenviertel unter den Anwesenden, die am | |
Samstagabend bei einer Kissenschlacht das Finale des friedlichen, aber | |
umkämpften Schanzenfestes begehen. Und wo Leute aus dem Partyvolk dennoch | |
versuchen, ein Lagerfeuer zu entfachen, weil das zum Event dazu gehört, | |
sind es alt gediente Autonome die sie einfach austreten. | |
Kurz nach Mitternacht scheint für Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) das | |
Fiasko perfekt: An den Biertischen der Piazza feixen erste | |
Journalistenrunden darüber, dass seine Tage gezählt seien, wenn es so | |
friedlich bleibt. Schließlich hatte er die Stimmung mit der Schilderung von | |
Gewaltszenarien und der Ankündigung von Massenfestnahmen vor dem Fest | |
aufgeheizt und bis zu 3.000 Polizisten bereit gehalten. Doch gegen zwei Uhr | |
morgens kommt es doch zur Eskalation: Eine Armada von Wasserwerfern rollt | |
durch das Schanzenviertel, ihr folgen hoch gerüstete Festnahmeeinheiten. | |
2.000 Polizisten sind im Einsatz - Flaschen fliegen ihnen entgegen. Die | |
Krawallbilanz steht: 68 Festnahmen, sechs Autos in Flammen, Glasbruch bei | |
zwei Geschäften. | |
Grund für das Vorgehen, sagt Polizeieinsatzleiter Peter Born am Sonntag auf | |
einer Pressekonferenz, sei ein Angriff von 200 Vermummten auf das nahe | |
gelegene Polizeirevier Lerchenstraße gewesen. Die Vermummten seien dann in | |
die Menschenmenge des Schanzenfestes geflüchtet und sollten verfolgt | |
werden. Born macht jedoch nicht die autonome Szene verantwortlich. Die | |
Polizei habe es vielmehr mit einem neuen Phänomen von Randalierern zu tun. | |
"Nicht alles, was schwarz gekleidet ist, ist ein Autonomer", sagt Born. | |
Auf dem Schulterblatt und in den angrenzenden Straßen geht die Polizei in | |
jener Nacht nicht zimperlich vor. Wer nicht sofort der Aufforderung Folge | |
leistet, sich zu entfernen, bekommt die Wasserfontänen oder den Schlagstock | |
zu spüren - nach Strafverfolgung sieht das nicht aus. Verletzte, für die | |
ein Rettungswagen gerufen worden ist, werden zuvor von Polizisten | |
eingesammelt. Die Ausschreitungen dauern über eine Stunde an. | |
Innensenator Ahlhaus bestreitet indes am Sonntag, dass es im Vorweg des | |
Festes zwischen ihm und Bürgermeister Ole von Beust (CDU) einen Dissens | |
über die Strategie gegeben habe. "Das ist völliger Unsinn, es hat keine | |
Absprache gegeben", so Ahlhaus. Dem will der SPD-Innenpolitiker Andreas | |
Dressel in der Innenausschusssitzung auf den Grund gehen. "Der | |
Strategiewechsel der Innenbehörde hat die Ausschreitungen nicht vermeiden | |
können", sagte Dressel. "Einige Idioten haben die zunächst fröhliche Party | |
für ihre Gewaltexzesse missbraucht." Auch das Hick-Hack zwischen | |
Innenbehörde und Bezirksamt im Vorfeld müsse aufgearbeitet werden, forderte | |
Dressel. "Das sah sehr nach organisierter Verantwortungslosigkeit aus." | |
Außerdem müsse der Disput zwischen Innen- und Justizbehörde um den Einsatz | |
von Schnellgerichten in der so genannten Festnahmestraße geklärt werden. | |
13 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
Andreas Speit | |
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