# taz.de -- Polizeieinsatz: Feier endet mit Schädelbruch | |
> Schanzenfestbesucher stellt Strafantrag: Er habe von Polizisten einen | |
> Schlag an den Kopf bekommen. Der Befund der Ärzte: Schädelbruch. | |
Bild: Auf Festbesuch folgten zweieinhalb Wochen Krankenhaus: Johannes M. | |
Der Polizeieinsatz nach dem Schanzenfest galt der Verfolgung der Täter, die | |
das Lerchenstraßen-Revier angegriffen haben. So die Version der | |
Polizeiführung. Wer sich jedoch in jener Nacht des 12. Septembers 600 Meter | |
entfernt auf dem Schulterblatt aufgehalten hat, hat anderes erlebt. | |
Polizeieinheiten stürmten über die Piazza und prügelten auf das dortige | |
Publikum ein. Das betraf auch Johannes M.. Ihm sei in der Eifflerstraße ein | |
Schlag an den Kopf versetzt worden. Danach sei er schwer verletzt liegen | |
geblieben, berichtet M.. Der Befund: Doppelter Schädelbruch. | |
Johannes M. war mit Freunden schon tagsüber auf dem Schanzenfest unterwegs | |
gewesen. In der Nacht nach dem Fest feierte er noch vor der "Druckerei" an | |
der Eifflerstraße. Dort hatte ein DJ eine Bühne aufgebaut. "Die Leute | |
tanzten, es war noch Musik", sagt M.. Plötzlich seien die Wasserwerfer auf | |
dem Schulterblatt vorgefahren. Er selbst habe sich rund 50 Meter in die | |
Eifflerstraße begeben, um sich weiter mit Freunden zu unterhalten. "Wenn es | |
Randale gegeben hätte, wäre ich sofort abgehauen, weil ich auf so etwas | |
keinen Bock habe." | |
Plötzlich seien die Leute losgerannt, da Polizisten die Eifflerstraße hoch | |
stürmten. Er habe noch kurz nach einer Freundin geschaut, sei dann aber | |
auch gerannt, sagt M.. "Ich war wohl nicht so richtig schnell genug", meint | |
der 36-Jährige, denn als er sich kurz umschaute, "sah ich eine schwarze | |
Wand von Polizisten und habe einen Schlag direkt an die Stirn bekommen". Er | |
sei zu Boden gegangen, die Polizisten an ihm einfach vorbei gerannt. | |
"Ich weiß nicht wie lange ich da gelegen habe", sagt M.. Passanten hätten | |
ihn schließlich blutverschmiert zur Lippmannstraße gebracht, erste Hilfe | |
geleistet und ihm einen Druckverband angelegt. Nach 20 Minuten sei ein | |
Rettungswagen gekommen, doch statt im Krankenhaus sei er in einem | |
Zeltlazarett auf dem Heiligengeistfeld gelandet. Dort habe man ihm kurz den | |
Verband abgenommen und wieder angelegt, Polizisten hätten ihn gefragt, ob | |
er Drogen genommen habe. "Ich habe die ganze Zeit im Zelt umherlaufen | |
müssen, obwohl ich gesagt habe, dass ich Kopfschmerzen habe." | |
M. erinnert sich an eine Frau, die ihn beruhigt und gestreichelt habe - | |
auch auf der Fahrt ins Krankenhaus Altona, wohin er in einem | |
Mannschaftswagen der Polizei mit anderen Verletzten gebracht wurde. In der | |
Klinik habe ein Arzt einen Geruchstest durchgeführt. "Ich musste mich | |
sofort hinlegen", sagt M.. Geruchsverlust ist ein deutliches Symptom für | |
einen Schädelbruch, der sich bei der Computertomografie auch bestätigte. | |
Die Diagnose ergab einen "doppelten offenen Bruch der Stirnschale" sowie | |
eine gefährliche Luftblase im Gehirn. | |
Dass Johannes M. in einem Zelt gelandet ist, ist für die Feuerwehr | |
plausibel. "Bei Großlagen werden solchen Zelte als Sichtungsstelle und zur | |
Erstversorgung aufgestellt", sagt Feuerwehrsprecher Andre Bracker. Weshalb | |
M. jedoch im Polizeifahrzeug zur Klinik transportiert worden ist, kann sich | |
Bracker zurzeit "nicht erklären". | |
M.s Anwalt Carsten Gericke hat Strafantrag wegen Körperverletzung gestellt, | |
obwohl eigentlich auch versuchter Totschlag in Frage käme. Denn die Art und | |
Umstände der Verletzungen deuten auf einen Schlag mit einem Nahkampfstock | |
Tonfa hin. Gericke sucht nun Zeugen, vor allem sucht er die Frau, die M. | |
betreut hatte. M. lag zweieinhalb Wochen im Krankenhaus und ist noch heute | |
arbeitsunfähig. | |
Zeugen können sich melden: | |
[1][[email protected]] | |
12 Oct 2009 | |
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## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
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