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# taz.de -- Käuflicher Sex soll aus der Öffentlichkeit: Spanien stöhnt über…
> Wegen der Zustände auf Barcelonas Flaniermeile ist in Spanien eine
> Diskussion über Prostitution entbrannt. Das Parlament berät darüber,
> Kauf-Sex aus der Öffentlichkeit zu verbannen.
Bild: Bei Helligkeit noch eine unschuldige Flaniermeile: Las Ramblas in Barcelo…
MADRID taz | Wenn auf etwas der Begriff öffentliches Ärgernis zutrifft,
dann auf das: Prostituierte bedienen auf Barcelonas Flaniermeile, den
Ramblas, ihre Freier ganz offen. Sobald es dunkel wird wiederholt sich
Nacht für Nacht das gleiche Spiel. Ob in den Säulengängen des Marktes oder
in Hauseingängen: Hose runter, Rock hoch und los geht’s. Die Bilder
schocken ganz Spanien. Ob Tageszeitungen oder Fernsehen, überall waren sie
in den letzten Wochen zu sehen. Die politische Diskussion über die
Prostitution ließ nicht lange auf sich warten. "Es handelt sich um ein
Geschäft, das unweigerlich zur Entwürdigung führt und fast schon verboten
gehört", erklärt Spaniens Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba.
Doch guter Rat ist teuer. Das Geschäft der jungen Frauen ist in Spanien
weder verboten noch erlaubt. Die Prostitution kommt ganz einfach nicht im
Gesetz vor. Das Land auf der iberischen Halbinsel ist dadurch längst zum
Paradies des käuflichen Sex geworden. Jede Stadt verfügt über einen
Straßenstrich. In Madrid stehen die leicht bekleideten Damen auf der
Prunkstraße Gran Vía und im Stadtwald Casa del Campo. Die meisten
Tageszeitungen veröffentlichen seitenweise Telefonnummern von Bordellen und
Prostituierten und entlang der Landstraßen und Autobahnen des Landes stehen
Clubs mit grellen Neonreklamen.
Zwischen 300.000 und 500.000 Prostituierte sollen in Spanien tätig sein,
bei einer männlichen Bevölkerung von 20 Millionen - Kleinkinder und Greise
mitgezählt. Die meisten Prostituierten kommen aus Afrika, Lateinamerika und
Osteuropa. Häufig werden sie von organisierten Banden unter falschen
Versprechungen ins Land gebracht und dann gezwungen ihre Reisekosten
abzuarbeiten.
Die Kunden stört das nicht: 50 Millionen Euro Umsatz verzeichne das
Geschäft mit dem käuflichen Sex täglich, so eine Studie des spanischen
Parlaments. Sechs Prozent der Männer sind demnach "regelmäßige Kunden".
Längst gehört es für viele Jugendliche zur Wochenendbeschäftigung, Bordelle
aufzusuchen. "Das kommt mich billiger als ein Mädchen zum Abendessen
auszuführen. Und ich habe ganz sicher Sex", erklärt ein Mopedfahrer ganz
ungezwungen gegenüber einem Team des Staatsfernsehens TVE. Auch
Familienväter scheuen sich nicht, vor laufender Kamera zu ihrem Laster zu
stehen. Und selbst der Landesvater des nord-westspanischen Cantabrien
erklärte erst kürzlich im Interview, sein erstes Mal habe natürlich im Puff
stattgefunden.
Während die katalanische Autonomieregierung von einem Prostitutionsgesetz
nichts wissen will, streiten sich in Barcelona die Anwohnervereine über
Legalisierung oder Verbot. Doch in einem sind sich alle einig, die
Prostitution soll von der Straße. Wenn überhaupt dürfe sie nur in
geschlossenen Räumen stattfinden. Auch in Madrid ist dies der Tenor. Die
konservative Regierungschefin des Landes Madrid, Esperanza Aguirre, fordert
ein entsprechendes Gesetz: "Alles andere wäre scheinheilig", verteidigt sie
sich gegen diejenigen, die für ein völliges Verbot eintreten.
Das spanische Parlament wird diese Woche erstmals über einen
Gesetzesvorschlag zur Prostitution beraten. Er stammt von den katalanischen
Linksnationalisten (ERC). Die Prostitution soll demnach aus dem
öffentlichen Leben verschwinden. Anzeigen in Tageszeitungen sollen verboten
werden und nur noch in Sexpostillen erlaubt sein. Die Prostituierten sollen
künftig als Freiberuflerinnen Einkommenssteuer abführen. Der
Gesetzesentwurf sieht vor, dass diese Einnahmen von den zuständigen
Behörden für Maßnahmen zur Eingliederung der Sexarbeiterinnen ins normale
Arbeitsleben eingesetzt wird.
21 Sep 2009
## AUTOREN
Reiner Wandler
Reiner Wandler
## TAGS
Sexarbeit
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