# taz.de -- ZDF-Chefredakteur vor dem Aus: Der Fluch der Volksparteien | |
> Nach dem Willen der Union hat ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender seine | |
> letzte "Berliner Runde" moderiert. Dementsprechend war auch das | |
> Diskussionsklima. | |
Bild: ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hat nach der Wahl schlechte Karten, im… | |
"Den großen Elefanten geht allmählich die Nahrung aus, und die kleinen | |
Elefanten wachsen schneller, als die großen es mögen", wurde | |
ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender am Ende der traditionellen | |
Politikerrunde nach der Bundestagswahl noch ein bisschen lyrisch. Denn noch | |
nie "in der Geschichte der Bundesrepublik" hätten gleich drei kleinere | |
Parteien jeweils "über zehn Prozent Marktanteil" geholt, vergaloppierte | |
sich der ZDF-Chefredakteur. | |
Eigentlich hätte Guido Westerwelle mit der Wahlabendbilanz vom Ende der | |
Volksparteien zufrieden sein können, doch der FDP-Chef präsentierte sich in | |
der "Berliner Runde" reichlich dünnhäutig. Er wahlkämpfte weiter und zickte | |
noch ein bisschen rum, dass er nicht zum TV-Duell geladen war. Macht | |
nichts, politisch war alles sowieso nur lästige Pflichtübung: Sie müsse | |
"noch ein bisschen Medienarbeit machen", verabschiedete sich Angela Merkel | |
am frühen Abend von ihren Anhängern. | |
Beim ZDF erschienen zur Strafe später bei Wahlfrontfrau Bettina Schausten | |
noch Helmut Markwort (FDP) sowie Giovanni di Lorenzo (Zeit) und haderten | |
mit dem Ende der Volkspartei SPD (GdL) bzw. der deutschen Sprache | |
(Markwort). Selbst das ARD-"Morgenmagazin" bot Montag früh einen | |
anstrengend ausgeschlafenen Friedrich Nowottny auf, der der SPD empfahl, | |
"herauszufinden, welche Partei sie sein will". | |
Zum Trost können sich beide Nicht-mehr-so-ganz-Volksparteien jetzt auf | |
einen Beritt stürzen, in dem auch diese Wahl kaum etwas an ihrem | |
beherrschenden Einfluss ändern wird: auf die öffentlich-rechtlichen Sender, | |
deren Gremien auch weiterhin brav nach schwarzen und roten Freundeskreisen | |
sortiert bleiben. Die erste Aufgabe steht unmittelbar bevor: Beim ZDF soll | |
nach dem Willen von Merkel und der Union Chefredakteur Nikolaus Brender | |
keine weitere Amtszeit kriegen, "Berliner Runden" moderieren oder | |
Wahlergebnisse mit Einschaltquoten verwechseln dürfen. | |
Seiner vom ZDF-Intendanten Markus Schächter gewünschten | |
Vertragsverlängerung - der aktuelle läuft noch bis April 2010 - muss der | |
ZDF-Verwaltungsrat zustimmen, in dem zum Glück Roland Koch (CDU) und Edmund | |
Stoiber (CSU) sitzen. Auch die SPD hat signalisiert, dass sie beim | |
Brender-Sturz nicht direkt mitmachen, aber die Füße still halten will. | |
Merkel selbst hatte zuletzt Brenders Vorschlag, mal wieder vor der Wahl | |
eine ZDF-"Elefantenrunde" zu veranstalten, die kalte Schulter gezeigt - und | |
sich schon Wochen zuvor die Bemerkung eingefangen, man sei "doch nicht bei | |
Hofe": Das ZDF würde nicht alles mitmachen, was die Kanzlerin wolle. 2005 | |
hatte Brender am Wahlabend dem ihr unterlegenen Gerhard Schröder Paroli | |
geboten. | |
"Frau Bundeskanzlerin, Sie sind hier ordentlich behandelt worden", meinte | |
Brender zum Schluss der "Berliner Runde", "und Sie wären vorher ebenso gut | |
behandelt worden". Und was sagte Merkel? "Oooch", sagte sie. | |
Ist damit Brender weg vom Fenster? Denn die kleinen Parteien sind zwar | |
Gewinner der Wahl, doch nützen werden sie ihm wenig: FDP, Linke und Grüne | |
wollen nicht etwa nach Karlsruhe ziehen, obwohl auch namhafte Juristen die | |
Art und Weise, wie beim ZDF die Gremien besetzt werden, als | |
verfassungswidrig ansehen. Sie ordnen sich bislang lieber devot den SPD- | |
bzw. CDU-nahen Freundeskreisen unter. | |
"Die Zeit der großen Volksparteien ist zu Ende", murmelte es sogar noch im | |
Abspann der traditionellen Wahlsonderfolge der ARD-"Lindenstraße". Nur bei | |
den Öffentlich-Rechtlichen, da können sie weiterregieren. Noch. | |
29 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
ZDF | |
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