# taz.de -- Magnas Einstieg bei Opel: Alle Macht den Betriebsräten | |
> In der "Vorratsgesellschaft 4" sollen die Mitarbeiter mit insgesamt zehn | |
> Prozent Anteilseigener an "New Opel" werden. Allerdings würden sie das | |
> unternehmerische Risiko tragen. | |
Bild: Wenigstens zehn Prozent der Firmen-Aktien werden von der Mitarbeitergesel… | |
RÜSSELSHEIM taz Neu an "New Opel" wird vor allem die | |
Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesellschaft (MKBG) sein, die wenigstens zehn | |
Prozent der Aktien an der neuen Firma halten wird. Vorausgesetzt, dass am | |
Ende dann doch die Wünsche vor allem der deutschen | |
Opel-Arbeitnehmervertreter tatsächlich realisiert werden. Doch danach sieht | |
es momentan noch aus. Schließlich ist die Quasiaktiengesellschaft, die | |
einmal die Anteile der Mitarbeiter aller Werke von Opel und Vauxhall (GB) | |
in Europa treuhänderisch verwalten soll, längst gegründet. | |
"Vorratsgesellschaft 4" heißt sie. Und als Vorstandsvorsitzender soll der | |
Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Opel in Deutschland, Klaus Franz (57), | |
fungieren, der auch dem Europäischen Arbeitnehmerforum von General Motors | |
vorsteht. Der Boss der Arbeitnehmervertreter wird also in Personalunion | |
auch Boss der neuen Kapitalgesellschaft der Beschäftigten. Aktionäre der | |
neuen MKBG sollen die Betriebsratsvorsitzenden der Werke in Rüsselsheim, | |
Bochum, Kaiserslautern und Eisenach werden. | |
Und wen schicken die "Aktionäre Arbeitnehmervertreter" in den Aufsichtsrat? | |
Vier weitere Betriebsratsmitglieder werden in dem Gremium sitzen - oder sie | |
selbst. Das ist noch nicht entschieden. Außerdem wird noch ein Vertreter | |
der IG Metall und eine Steuerrechtsexpertin in den Aufsichtsrat berufen. | |
Und weil das alles auch juristisches Neuland ist, werden dem | |
Vorstandsvorsitzenden Franz gleich noch zwei Advokaten mit Vorstandsmandat | |
an die Seite gestellt. Es handelt sich dabei um den Frankfurter | |
Rechtsanwalt Wolfgang Apitzsch. Ende der neunziger Jahre rettete dieser die | |
Pfalz-Flugzeugwerke in Speyer MKBG vor dem Ruin. Sein Rettungskonzept war | |
für die Mitarbeiter sehr erfolg- und ertragsreichen, aber das Unternehmen | |
wurde später wieder aufgelöst. Der andere Vorstand soll der Fachanwalt | |
Michael Witzel sein - ein Spezialist für Firmenaufkäufe aller Art. | |
Apitzsch war zu zweifelhaftem Ruhm gekommen, als er kurz vor der | |
Jahrtausendwende den wegen dubioser Finanzierungspraktiken angeklagten Chef | |
des vormaligen Rohstoffkonzerns Metallgesellschaft (MG), Heinz | |
Schimmelbusch, verteidigte. Aktuell mischt Apitzsch auch bei Daimler mit. | |
Auch dort sollen und wollen die Beschäftigten den von ihnen vom Unternehmen | |
geforderten Lohnverzicht in eine MKBG einbringen. Kapital in | |
Arbeitnehmerhand - die Krise machts möglich. Allerdings tragen die | |
Beschäftigten via MKGB dann auch das unternehmerische Risiko mit. Und das | |
Risiko, ihren Job zu verlieren, bleibt bestehen. Das ist nicht für alle | |
Arbeitnehmer ein gutes Geschäft. | |
Bis zuletzt gab es etwa im Opelwerk in Bochum viel Widerstand gegen die | |
Pläne von Franz, die auch vom Bochumer Betriebsratsvorsitzenden und neuen | |
"Kapitalisten" Rainer Einenkel, einem der Aktionäre der | |
"Vorratsgesellschaft 4", unterstützt wurden. Denn nicht nur, dass die | |
Mitarbeiter durch künftigen Verzicht auf Lohn, Urlaubs- und Weihnachtsgeld | |
zusammen mit den Opelhändlern (sie bringen 400 Millionen Euro ein) das | |
Startkapital von rund 1,2 Milliarden Euro für die avisierte Beteiligung an | |
"New Opel" aufbringen müssen. Sie bekommen zudem auch noch nicht einmal die | |
Aktien ihrer MKGB "Vorratsgesellschaft 4" in die Hand gedrückt. In einem | |
Schreiben der Betriebsräte an die Belegschaften aller Opelwerke in | |
Deutschland von Anfang Juli 2009 hieß es, dass die Mitarbeiter nur | |
"virtuell" an der MKBG beteiligt würden. Eine direkte Beteiligung sei aus | |
steuerrechtlichen Gründen "nicht möglich". Unklar ist zudem, wie die | |
Beschäftigten von Opel und Vauxhall außerhalb von Deutschland in die MKBG | |
einbezogen werden könnten. | |
Heißt es demnächst also: Alle Macht den Betriebsräten? Ganz so soll es | |
nicht kommen. Den angestrebten zusätzlichen Aufsichtsratsplatz bei "New | |
Opel", mit dem die Arbeitnehmervertreter in diesem Gremium dann mit der | |
Kapitalseite gleichgezogen hätten, wird es wohl nicht geben. Magna lehnte | |
diese Konstruktion in den bisherigen Verhandlungen strikt ab. Und Klaus | |
Franz behauptet jetzt, das "nie gewollt" zu haben. | |
15 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Peter Klingelschmitt | |
## TAGS | |
Behindertenpolitik | |
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