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# taz.de -- Kommentar Behinderte und Bahnhöfe: Was mit Rollstuhl übrig bleibt
> Zwar sind mittlerweile viele Bahnhöfe behindertenfreundlich. Doch
> sinnvoll für Behinderte ist das Bahnnetz aber erst, wenn es zu 100
> Prozent barrierefrei ist.
Bild: Objekt mit Tücken: ein ganz normaler Automat in Bremen-Walle
Die Zahl klingt wunderbar. Nach jahrzehntelangen Kämpfen der
Behindertenverbände gelten heute 71 Prozent aller deutschen Bahnhöfe als
barrierefrei. Verkehrspolitiker und Bahnmanager klopfen sich deswegen gern
auf die Schulter. Aber Rollstuhlfahrer trifft man weiterhin selten in den
Zügen. Wollen die vielleicht gar nicht mitfahren?
Wollen schon. Doch sie können nicht. Schließlich nutzen Reisende nie nur
einen Bahnhof, sondern mindestens einen zweiten, an dem sie wieder
aussteigen. Meist gar einen dritten zum Umsteigen. Wenn aber wegen
behindertenfeindlicher Bahnhöfe nur 71 Prozent aller Fahrten gestartet
werden können, davon wiederum nur 71 Prozent wegen schlechter
Umsteigestationen sich fortsetzen lassen, und davon dann gerade 71 Prozent
dem Fahrgast auch erlauben, den Zug wieder zu verlassen, dann bleiben nach
den objektiven Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung gerade noch 36
Prozent aller Bahnfahrten übrig, bei denen Rollstuhlfahrern keine Barrieren
in den Weg gelegt werden.
Selbst dieses theoretisch verbleibende gute Drittel aller
Fahrtmöglichkeiten nutzt in der Praxis wenig. Erstens sind diese Strecken
kaum herauszufinden. So kann man auf bahn.de bei der Zugsuche zwar
mittlerweile angeben, dass man sein Fahrrad mitnehmen möchte. Die
Einschränkung "rollstuhlgeeignet" jedoch fehlt. Zweitens nützt auch der
beste Bahnhof nichts, wenn dort ein Zug mit Stufen in den Türen einrollt.
Drittens muss man, selbst wenn vorab alles geregelt ist, damit rechnen, vor
Ort auf einen kaputten Aufzug zu treffen.
Zwar sind 71 Prozent nicht wenig. Sinnvoll für Behinderte ist das Bahnnetz
aber erst, wenn es zu 100 Prozent barrierefrei ist. Das mag utopisch
klingen. Doch man stelle sich vor, bei 29 Prozent aller Bahnhöfe gäbe es
keinen Zugang für Fußgänger. Sie würden umgebaut. Und zwar sofort.
16 Oct 2009
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Behindertengleichstellungsgesetz
Inklusion
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