# taz.de -- Schwarz-Rot in Thüringen: Bündnis auf Pump | |
> In Erfurt einigen sich CDU und SPD auf einen Koalitionsvertrag. Dabei | |
> macht die Union große Zugeständnisse. Doch die Versprechen stehen unter | |
> Finanzierungsvorbehalt. | |
Bild: Christine Lieberknecht (links, CDU) und Christoph Matschie (SPD) verstehe… | |
Der wichtigste Satz der Koalitionsvereinbarung steht gut getarnt auf Seite | |
fünf. CDU und SPD sind sich einig, "dass die Festlegungen dieser | |
Koalitionsvereinbarung nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel und auf | |
Grundlage der Haushaltsberatungen umgesetzt werden". Die übrigen 64 Seiten | |
des Vertrages stehen damit angesichts des erwarteten Milliardenlochs im | |
Landeshaushalt unter einem Finanzierungsvorbehalt. Klar ist jedoch: | |
Angesichts ihrer komfortablen Situation gegenüber der CDU hat die SPD | |
einige Achtungserfolge erzielen können. | |
Um weiter regieren zu können, war die Union nach dem Verlust der absoluten | |
Mehrheit bei der Landtagswahl Ende August auf die SPD als Koalitionspartner | |
angewiesen. Der im Landesvorstand dominierende Flügel des | |
Parteivorsitzenden Christoph Matschie war der CDU nach dem Rücktritt des | |
Exministerpräsidenten Dieter Althaus entgegengekommen. | |
Matschie stellte denn auch zur Beruhigung seiner rebellischen Partei die | |
SPD-Einflüsse im Vertrag groß heraus. So stimmt die CDU den geforderten | |
2.000 Erzieherinnenstellen in Kindertagesstätten zu - falls sie bezahlbar | |
sind. Das Recht auf einen Krippenplatz schon ab dem zweiten Lebensjahr | |
hatte bereits die CDU als Wahlkampfköder ausgeworfen. Der Abbau von Stellen | |
bei der Polizei wird gestoppt, eine Polizeireform allerdings erst 2010 | |
angegangen. Der Juso-Landesvorsitzende Peter Metz freute sich besonders | |
darüber, dass Studiengebühren generell nicht erhoben werden und vor allem | |
die bisherige Verwaltungsgebühr von 50 Euro pro Semester wieder abgeschafft | |
wird. | |
Beim Thema Wirtschaft fällt die Orientierung auf erneuerbare Energien auf. | |
Ein "Zukunftsatlas" und ein "Fachkräftemonitor" bleiben allerdings recht | |
schwammig. Umweltschützer werden sich freuen, dass die Einleitung von | |
Kali-Laugen in die Werra gestoppt werden soll. Ein Landesprogramm gegen | |
Rechtsextremismus ähnlich wie in Sachsen zeichnete sich schon nach einer | |
gemeinsamen Erklärung aller Landtagsfraktionen im September ab. Ihre | |
Kommunalpolitiker konnte die SPD mit der Wiedereinführung der Stichwahl | |
zufriedenstellen, die die CDU kürzlich nach für sie bescheidenen | |
Ergebnissen in den ersten Wahlgängen abgeschafft hatte. Bei Theatern und | |
Orchestern soll es keine weiteren Standort- und Fusionsdebatten geben. | |
Gescheitert ist die SPD mit dem Vorhaben einer Gebiets- und | |
Funktionalreform. Statt genereller Mindestlöhne sollen "faire Löhne" | |
gezahlt werden, eine Erweiterung der Mindestlohn-Branchen aber geprüft | |
werden. Das Kita-Volksbegehren, das bessere Betreuung gegenüber | |
Direktzuschüssen an die Familien favorisiert, soll erst 2010 umgesetzt | |
werden. Dürftig bleibt das Ergebnis auf dem von der SPD im Wahlprogramm | |
favorisierten Bildungssektor. Nur die Option auf Gemeinschaftsschulversuche | |
und ein Bildungs-Freistellungsgesetz für Arbeitnehmer sind übrig geblieben. | |
Der Linken-Fraktionsvorsitzende Bodo Ramelow sprach von einer "Koalition | |
der Stagnation", die das System Althaus fortsetze. Nun müssen je ein CDU- | |
und SPD-Parteitag am kommenden Sonntag noch dem Vertrag zustimmen. | |
21 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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Weser | |
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