# taz.de -- Kommentar Koalitionsvereinbarung: Alles für die teure Kundschaft | |
> FDP und Union versuchen, die Besitzstände aller mächtigen Lobbys zu | |
> schonen. Diese Konsenspolitik kommt sie teuer. | |
Endlich einigt sich die Union mit der FDP jenseits der Atompolitik auf | |
einen Vorschlag, den sie nicht auch mit der SPD hätte umsetzen können. Denn | |
wie auch immer man zu dem Plan steht, in der Pflegeversicherung eine | |
kapitalgedeckte Komponente einzuführen: Das Vorgehen der künftigen | |
Regierung wäre legitim, würde es tatsächlich um ein Problem und seine | |
Lösung gehen. | |
So ist es aber nicht. Angela Merkel und Guido Westerwelle brauchen ein | |
Symbol für jene Klientel, die geringere Lohnnebenkosten und mehr | |
Nachhaltigkeit verlangt. Die Pflegeversicherung eignet sich dafür besonders | |
gut, weil es nur um geringe Beiträge geht. Wegen ein paar Euro, so das | |
Kalkül, werden schon keine sozialen Unruhen ausbrechen. | |
Das Argument der Nachhaltigkeit wirkt schal, wenn man sich die übrigen | |
Politikbereiche anschaut. Das Geld, das die Regierung den Beitragszahlern | |
nimmt, will sie den Steuerzahlern mehrfach zurückzahlen – finanziert auf | |
Pump und begründet allein mit irrealen Wahlversprechen. | |
Steigende Krankheitskosten durch höhere Lebenserwartung und medizinischen | |
Fortschritt wollte man kurzerhand in Folgen der Finanzkrise umdefinieren | |
und in einen Schattenhaushalt auslagern. Bis die Unterhändler merkten, dass | |
sie die Grenzen der Verfassung überschritten. | |
Konsenspolitik ist teuer. Arbeitgeber und Gewerkschaften, Ärzte und | |
Patienten – niemanden will die Koalition vor den Kopf stoßen, alle sollen | |
ihre Besitzstände behalten. Wer hingegen über verbriefte Haushaltstitel | |
nicht verfügt, Schulkinder etwa oder Migranten, der bleibt in der | |
Verhandlungslogik außen vor. Darüber sollte die neue Regierung streiten, | |
gerne auch mit den Gewerkschaften. So aber finden sich alle in einer | |
Haltung zusammen, die nur eines ist: konservativ im schlechten Sinn. | |
22 Oct 2009 | |
## AUTOREN | |
Ralph Bollmann | |
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