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# taz.de -- Kommentar Koalitionsvertrag: Das Hirn nicht vernebeln lassen
> Das Vertragswerk von FDP und Union strahlt nichts Visionäres aus. Damit
> könnte man leben, blieben nicht zu viele wichtige Fragen offen.
Helmut Schmidt pflegte zu sagen: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen
und nicht in die Politik. Was aber macht man mit PolitikerInnen, für die
das genaue Gegenteil zutrifft? Die schon in den Entwürfen ihres
Regierungsprogramms so uninspiriert sind, dass es ihnen sogar schwerfällt,
eine knackige Überschrift zu finden? Von der Kraft einer
"geistig-moralischen Wende" oder der Aufbruchstimmung eines "rot-grünen
Projekts" ist in diesem Entwurf über "Wachstum. Bildung. Zusammenhalt"
nichts zu spüren.
Würde man diese Ansammlung von kleinteiligen Verwaltungseinheiten ohne
Deckblatt in der U-Bahn finden, vermutete man wohl eher das Wahlprogramm
einer ermüdeten, ideenarmen Regierungspartei denn den Regierungsentwurf
einer frischen Koalition. Immerhin, so scheint es auf den ersten Blick, ist
der befürchtete soziale Kahlschlag im schwarz-gelben Nebel irgendwie
verloren gegangen. Vielleicht ist also alles doch nicht so schlimm und nur
ein krisengeschütteltes "Weiter so"? Halt. Wer das glaubt, lässt sich von
Merkels mittlerweile bekanntem Politikstil zu leicht das Hirn vernebeln.
Zwar mag Horst Seehofer jetzt kräftig trommeln und einmal mehr behaupten,
dass mit ihm der Radikalumbau des Gesundheitssystems nicht zu machen sei.
Aber gerade vom angezählten Bayern-Chef wissen wir, dass eigentlich nur auf
seine Unzuverlässigkeit wirklich Verlass ist. Auch mag der frisch gekürte
Finanzminister Wolfgang Schäuble sich mit all seiner Kraft gegen
Steuererleichterungen stemmen wollen. Aber niemand weiß, wie lange er sich
gegen diese zentrale Forderung des starken Koalitionspartners FDP wirklich
wird durchsetzen können. Gleichwohl mögen Zyniker nun sagen, dass ein
nebulöses Programm allemal besser sein mag als eine klare
Handlungsanweisung zum sozialen Kahlschlag.
Aber Vorsicht: In der schwarz-gelben Vernebelungstaktik stecken mehr
folgenschwere Fehler, als auf den ersten Blick zu erkennen sind. Gerade
auch durch die Leerstellen bei wichtigen Umweltthemen und den dringlichen
Grundsatzfragen der Integrationspolitik. Hier heißt es wach bleiben. Die
klare Aufgabe der Opposition ist es, von Anfang an alles daranzusetzen,
Licht in die vielleicht uninspirierte, aber nicht minder bedrohliche
Politik dieser merkwürdig konturenlosen Regierungskoalition zu bringen.
25 Oct 2009
## AUTOREN
Ines Pohl
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