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# taz.de -- Urteil zu AZF-Katastrophe in Frankreich: Chemieunfall mit 31 Toten …
> Ein französisches Gericht vermag keine Schuld für die Explosion der
> AZF-Fabrik nahe Toulouse am 21. September 2001 festzustellen. Die
> Angeklagten wurden freigesprochen.
Bild: Ehemalige AZF-Arbeiter zeigen schon bei Prozessbeginn, im Februar 2009, d…
PARIS taz | Es war Frankreichs bisher schlimmste Industriekatastrophe. Am
21. September 2001 explodierte die Fabrik AZF am Stadtrand von Toulouse, 31
Menschen verloren dabei das Leben, Dutzende wurden verletzt, der
Sachschaden war enorm. Noch jetzt hat die Bevölkerung dieser
südwestfranzösischen Stadt ihren Schrecken nicht ganz überwunden. Bis heute
zirkulieren in Toulouse Gerüchte, dass es sich um einen Anschlag gehandelt
haben könnte - das Unglück ereignete sich nur kurz nach den Attentaten des
11. September in den USA. In Wirklichkeit gab es zu keinem Zeitpunkt
ernsthafte Hinweise auf einen Sabotage- oder Terrorakt. Als Ursache des
Unglücks wurden auch Feuerwerkskörper, Meteoriten oder Blitzschlag
vermutet. Die Firmenleitung von AZF und erst recht der Erdölkonzern Total,
zu dessen Gruppe das Werk gehörte, wiesen jede Verantwortung oder Schuld
von sich. Vom Prozess, der in diesem Jahr von Februar bis Ende Juni
dauerte, hatten darum viele nicht nur endlich eine glaubwürdige Erklärung,
sondern erst recht eine angemessene Bestrafung erhofft.
Obwohl beim Prozess Dutzende von Zeugen und Experten befragt wurden, gibt
es nach Ansicht des Gerichts nun keine genügenden Beweise dafür, dass sich
die Angeklagten strafbar gemacht hätten. Sie kamen in den Genuss des
Zweifels und wurden freigesprochen. Mit ihrem Urteil verweigerten sich die
Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die wegen fahrlässiger Tötung,
Körperverletzung und Sachbeschädigung eine Verurteilung des Fabrikdirektors
und des Grundstücksbesitzers verlangt hatte. Von einer Strafverfolgung der
Gruppe Total oder deren Exchef Thierry Desmarest sahen die Richter
ebenfalls ab.
Das Gericht war sich bewusst, dass sein Entscheid auf viel Unverständnis
stoßen würde. Dies umso mehr, als in der langen Urteilsbegründung
"Organisationsfehler" und "Versäumnisse betreffend die Sicherheitsauflagen"
bei AZF konstatiert und bemängelt werden, die einen "möglichen
Zusammenhang" mit der Katastrophe gehabt hätten. Die offizielle Version
geht davon aus, dass jemand aus Versehen in einem Lager Nitrate und
chlorhaltige Chemikalien vermischt haben könnte, wodurch eine sich selbst
entzündende Mixtur entstanden wäre. Doch eine individuelle Schuld konnte
das Gericht nicht ausmachen.
Die Angehörigen der Todesopfer und die übrigen zivilen Nebenkläger
reagierten empört. Der Sprecher der Vereinigung der AZF-Opfer sagte: "Das
ist, wie wenn man uns Tabasco auf die noch offene Wunde geschüttet hätte!"
Wie die Staatsanwaltschaft wollen auch die Nebenkläger Berufung einlegen.
21 Nov 2009
## AUTOREN
Rudolf Balmer
Rudolf Balmer
## TAGS
Chemieunfall
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