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# taz.de -- Chemiewerk in Brunsbüttel umrüsten: Anwohner wollen Betonmantel
> Bayer will sein Werk in Brunsbüttel umbauen. Dort wird ein Vorprodukt für
> Dämmstoffe hergestellt. Umweltschützer fordern höhere
> Sicherheitsstandards, weil mit dem giftigen Stoff Phosgen gearbeitet
> wird.
Bild: Soll umgebaut werden: Bayer-Werk in Brunsbüttel.
HAMBURG taz | Es ist fast wie bei einem Gerichtstermin: Kameras und
Mikrofone müssen draußen bleiben, wenn am Montag im [1][Brunsbütteler
Elbeforum der geplante Umbau des örtlichen Bayer-Chemiewerks diskutiert]
wird. Der Leverkusener Konzern stellt in seinem Werk zwischen
Nord-Ostsee-Kanal und Elbe Vorprodukte für Schaumstoffe her, nun will er
die Kapazität für das Produkt MDI verdoppeln – daraus werden etwa
Dämmstoffplatten hergestellt. Das Brisante: Bei der Herstellung dieses
Stoffs verwendet Bayer Phosgen, einen hochgiftigen Stoff, der als Giftgas
im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde.
Deswegen sind Anwohner und Umweltverbände in Sorge und haben Einwände gegen
eine Genehmigung des Umbaus in der bisher geplanten Form geschrieben. „Die
Phosgen-Chemie gehört nach der Atomkraft zu den gefährlichsten Technologien
in Deutschland“, schreibt etwa [2][Philipp Mimkes von der Coordination
gegen Bayer-Gefahren (CBG)]. Der Verein findet deshalb die von Bayer
geplanten Sicherheitsmaßnahmen zu lax. Etwa bemängelt er, dass die
Sicherheitssysteme nicht redundant ausgelegt seien. Wenn also bei einem
Störfall ein System versagt, gibt es kein zweites, das greifen kann.
Außerdem würden Empfehlungen zu Mindestabständen von der Kommission für
Anlagensicherheit nicht eingehalten. Das Urteil der CBG: Der Umbauplan sei
so „nicht genehmigungsfähig“.
Über die Pläne entscheidet letztlich das schleswig-holsteinische Landesamt
für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). Es hat den
Erörterungstermin am Montag angesetzt, bei dem die Kritiker des Umbaus und
Bayer Behördenvertretern ihre Positionen darlegen können. 63
Einwendungsschreiben gegen das Bayer-Projekt in Brunsbüttel kamen in der
Behörde an. Wenn nötig, läuft die Erörterung mehrtägig. Doch eine
Entscheidung fällt nicht in dieser Woche – die öffentliche Anhörung ist nur
ein Teil der Antragsprüfung.
Das [3][Umweltverträglichkeitsgutachten] des TÜV Süd, das Bayer bei der
Genehmigung mit einreichen musste, sieht, wenig überraschend, keine
Probleme bei den Ausbauplänen und hält die geplanten Sicherheitsmaßnahmen
für ausreichend. Doch das überzeugt die Kritiker nicht. [4][„Es gibt eine
ganze Reihe Möglichkeiten, ein Gutachten zu tunen“], sagt Karsten
Hinrichsen, der für den BUND und die CBG an der Debatte teilnehmen wird.
So werde zwar ein Problem mit Phosgen in dem Papier durchgespielt –
allerdings gehe es nur um eine kleines Leck, das bei günstigen
Wetterbedingungen innerhalb von drei Minuten abgedichtet werde. Unter
diesen Umständen würden an der Werksgrenze keine Grenzwerte überschritten.
Worst-Case-Szenarien fehlten in dem Papier. Die Folgen von Explosionen,
Großbränden oder Flugzeugabstürzen auf das Werk würden nicht durchgespielt.
Bayer will die Anlagenteile, in denen mit Phosgen gearbeitet wird, mit
Stahlblechen ummanteln – die CBG hält eine Betonhülle für notwendig – au…
für die schon bestehende Anlage, die bisher keine Schutzhülle hat.
Bayer gibt sich überzeugt vom eigenen Konzept und den Untersuchungen: „Die
geplante neue Produktionsanlage ist ein Meilenstein hinsichtlich
Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit und Produktivität und erfüllt
höchste Sicherheitsstandards“, sagt Klaus Gebauer, der Standortchef des
Bayer-Werks. „Phosgen ist eine Chemikalie, mit der wir umzugehen wissen“,
sagt Günter Jacobsen, der Sprecher des Werks: „Phosgen wird in der Anlage
hergestellt und sofort vernichtet.“ Seit 30 Jahren sei der Stoff in
Brunsbüttel unfallfrei im Einsatz. Über einzelne Sicherheitsmaßnahmen, etwa
wie die Anlagen ummantelt werden, will er nichts sagen: „Ich will der
Diskussion nicht vorgreifen.“
15 Mar 2013
## LINKS
[1] http://www.schleswig-holstein.de/LLUR/DE/Service/MedienCenter/Pressemeldung…
[2] http://www.cbgnetwork.de/downloads/Einwendung_CBG_MDI_Brunsbuettel.pdf
[3] http://www.brunsbuettel.bayer.de/internet/bms-bru.nsf/files/_mdi/$file/1_20…
[4] http://www.bund-steinburg.de/pdf/BUND-SH-Stellungnahme-MDI.pdf
## AUTOREN
Daniel Kummetz
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