# taz.de -- Entscheidung des Bonner Amtsgerichts: Robin-Hood-Bankerin verurteilt | |
> 22 Monate Haft auf Bewährung erhält eine Ex-Filialleiterin, weil sie 7,6 | |
> Millionen Euro von den Konten reicher Kunden auf die von ärmeren | |
> umgebucht hatte. Die Frau attestiert sich selbst ein "Helfersyndrom". | |
Bild: Keiner habe nachgefragt, wo das Geld plötzlich hergekommen sei, sagte di… | |
BONN dpa/taz | Die Filialleiterein, die für zahlreiche arme Kunden ihrer | |
Bank den elektronischen Robin Hood spielte, ist am Montag verurteilt | |
worden. Wegen Untreue in 117 Fällen verhängte das Bonner Amtsgericht gegen | |
die 62-jährige eine 22-monatige Haftstrafe auf Bewährung, wie ihr Anwalt | |
Thomas Ohm mitteilte. Das Urteil sei bereits rechtskräftig. | |
Die Chefin einer Bankfiliale im Bonner Umland hatte jahrelang Geld von | |
Konten reicher Kunden auf die Konten ärmerer Leute gebucht: insgesamt rund | |
7,6 Millionen Euro von 2003 bis 2005. | |
Für sich selbst zweigte die Frau keinen einzigen Cent ab. Sie hatte ärmeren | |
Kunden Überziehungskredite genehmigt, die eigentlich nicht zulässig waren. | |
Das Geld von den reicheren Kunden nutzte sie, um die Konten der armen Leute | |
für die Zeit der Überziehungsprüfungen auszugleichen. Anschließend buchte | |
sie das Geld wieder zurück. Die Kunden, die stets in den Miesen gewesen | |
seien, wurden über diese Begünstigung nie informiert. Allerdings habe aber | |
auch keiner nachgefragt, wo das Geld plötzlich hergekommen sei, sagte die | |
Frau vor Gericht. | |
Einige Kunden aber sackten so tief ins Minus, dass eine Rückbuchung nicht | |
mehr möglich war. So summierte sich der Schaden nach Angaben von | |
Gerichtssprecher Joachim Klages auf 1,1 Millionen Euro. Jetzt ist die | |
Exfilialleiterin und heutige Frührentnerin selber arm. "Sie muss vom | |
Existenzminium leben", sagte ihr Anwalt. Das Urteil sei aber dennoch | |
"völlig korrekt", meinte der Verteidiger. "Es würdigt den Zusammenhang | |
zutreffend. Deshalb haben wir auch auf Rechtsmittel verzichtet." Das | |
Gericht blieb knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die am | |
Montag eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren gefordert hatte. | |
Nachdem der Fall der 62-jährigen zum Gegenstand der Berichterstattung | |
zahlreicher Nachrichtenportale im Netz geworden war, wurde in vielen | |
Leserkommentaren Verständnis oder Sympathie für das altruistische Verhalten | |
der Frau geäußert - häufig mit Verweis auf das Gebaren der Spitzenmanager | |
in den Großbanken, das zur Finanzkrise geführt habe, aber dennoch | |
ungestraft bleibe. Inzwischen wurde sogar [1][ein Soli-Blog] eingerichtet, | |
in dem um Spenden und weitere Unterstützung für die mittellose Exbankerin | |
geworben wird. | |
Die Verurteilte wollte ihr Handeln allerdings nicht in Verbindung mit | |
politischen Abscihten oder auch nur einer moralischen Entrüstung angesichts | |
bestehender sozialer Ungleichheiten bringen. Vor Gericht äußerte sie selbst | |
Unverständnis über ihre eigenen Taten. "Offenbar habe ich ein | |
Helfersyndrom", wird sie von WDR.de zitiert. | |
Auch die Vorsitzende Richterin bekräftigte, es sei nicht nachvollziehbar, | |
wie die Frau es so weit habe kommen lassen können. Die Richterin erklärte, | |
viele Menschen hätten sich mit den Geldschiebereien der Filialleiterin ein | |
schönes Leben gemacht, während ihres den Bach hinuntergegangen sei. Die | |
62-Jährige verlor nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihr ganzes | |
Vermögen, weil die Bank sie für den entstandenen Schaden von 1,1 Millionen | |
Euro in Regress nahm. | |
24 Nov 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://robinhoodbonn.blogsport.de/ | |
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deutsche Literatur | |
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