# taz.de -- Kommentar Jungs Rücktritt: Und Merkel zögert weiter... | |
> Wie allseits erwartet ist der Ex-Verteidigungsminister zurückgetreten. | |
> Doch die Fragen nach Merkels Strategie und richtiger Kommunikation in | |
> Kriegszeiten beantwortet das nicht. | |
Der Rücktritt des Ministers war unausweichlich. Entweder hat Franz Josef | |
Jung gelogen oder er hatte sein Haus so wenig im Griff, dass ihm | |
wesentliche Informationen vorenthalten wurden. Sollte das so gewesen sein, | |
dann fragt man sich, wie oft das wohl auch bei anderen Gelegenheiten | |
geschehen sein mag. Aber nun ist er ja zurückgetreten. Alles in Ordnung | |
also? | |
Von wegen. Die Affäre legt gleich zwei grundsätzliche Probleme bloß, deren | |
Auswirkungen in ihrem ganzen Ausmaß noch nicht absehbar sind. Das erste | |
Problem: Diese Regierung verfügt über keinerlei Kompetenz im Bereich des | |
Krisenmanagements. Die schnelle Regelung der Nachfolge widerspricht dem | |
nicht. Denn Aspiranten für Ministerien finden sich leicht. Wäre Jung am | |
Donnerstag zurückgetreten, dann wären der Koalition ein peinlicher letzter | |
Auftritt des Ministers im Parlament und vermutlich sogar der | |
Untersuchungsausschuss erspart geblieben. Die Kanzlerin jedoch zögerte - | |
wieder einmal - zu lange. | |
Ein Irrtum, der Methode hat. Entscheidungsschwäche ist das bislang | |
hervorstechendste Merkmal der Regierung. Das Tauziehen um die Personalie | |
Erika Steinbach, der Streit über die Steuerpolitik, der Ärger wegen des | |
Betreuungsgeldes: die Liste ist lang für die kurze Amtszeit des neuen | |
Kabinetts. Es scheint, als habe Angela Merkel kein Konzept für eine | |
Regierung, die sich - anders als eine große Koalition - mit einer nicht | |
gänzlich machtlosen Opposition auseinandersetzen muss. Wenn sich das nicht | |
bald ändert, kann das für das ganze Land gefährlich werden. Denn sogar eine | |
schlechte Politik ist besser als gar keine. | |
Das zweite Grundsatzproblem, auf das der Fall Jung hinweist, ist die Frage, | |
wie es um die Demokratie - konkret: um die Informationspolitik - in Zeiten | |
des Krieges bestellt ist. In den letzten Jahren haben strukturelle | |
Veränderungen bei der Bundeswehr die Grenzen zwischen politischer und | |
militärischer Führung immer mehr verwischt. Verteidigungsminister | |
Guttenberg scheint das ändern zu wollen. Aber wie groß ist sein | |
Handlungsspielraum? Wie oft werden Informationen mit Hinweis auf angebliche | |
oder reale Sicherheitsrisiken dem Parlament und der Öffentlichkeit | |
vorenthalten? Wie oft ist das in der Vergangenheit bereits geschehen? | |
Krieg kostet. Menschenleben und Geld, das sowieso. Das nächste Opfer könnte | |
eine Parlamentsarmee sein, die diesen Namen verdient. | |
27 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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