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# taz.de -- Nach dem Nein zu Minaretten: Europas Rechte bejubeln Schweizer
> Frankreichs Front National begrüßt das Votum in der Schweiz, und die
> Partei von Geert Wilders will ein Referendum gegen Minarette auch in den
> Niederlanden. Ägyptens Großmufti spricht von "Beleidigung".
Bild: Nicht nur in der Schweiz sind die Anti-Islamisten präsent: Demonstration…
PARIS/AMSTERDAM/KAIRO dpa/rtr | Der französische Außenminister Bernard
Kouchner hat sich am Montag schockiert über das Ergebnis der Schweizer
Volksabstimmung zum Bau von Minaretten gezeigt. "Wenn man keine Minarette
mehr bauen kann, dann bedeutet es, dass man eine Religion unterdrückt",
sagte Kouchner dem Sender RTL. "Es ist ein Ausdruck von Intoleranz, und ich
verabscheue Intoleranz", fügte er hinzu.
Die rechtsextreme Partei Front National begrüßte dagegen das
Abstimmungsergebnis. "Die sogenannten Eliten sollten endlich aufhören, die
Befürchtungen der Menschen in Europa zu ignorieren", hieß es in einer
Mitteilung. Es ginge nicht darum, die Religionsfreiheit einzuschränken,
aber man wolle keine auffälligen Symbole, die politisch-religiöse Muslime
der Gesellschaft aufzwingen wollten, hieß es weiter.
In Frankreich hängt der Moscheebau von den kommunalen Behörden ab. Manche
Bürgermeister lassen den Bau neuer Moscheen nur zu, wenn sie auf das
Minarett verzichten. In anderen Fällen begnügt man sich mit einem
symbolischen Minarett, das im Stadtbild nicht auffällt.
In Straßburg wurde in der vergangenen Woche die Kuppel einer neuen Moschee
vollendet. Ob sie das ursprünglich geplante 30 Meter hohe Minarett bekommt,
ist noch unklar. In Marseille soll demnächst eine Moschee mit zwei je 25
Meter hohen Minaretten gebaut werden. Das bislang höchste Minarett in
Frankreich ist das der Großen Moschee von Paris mit 33 Metern.
Nach der Ablehnung neuer Minarette bei der Volksabstimmung in der Schweiz
fordern nun auch die Rechtspopulisten in den Niederlanden einen Baustopp
für muslimische Gebetstürme. Die Holländer würden genauso abstimmen wie die
Schweizer, sagte der Vorsitzende der Partei für die Freiheit (PVV), Geert
Wilders. Die Partei des Islam-Kritikers wolle daher eine Gesetzentwurf für
ein Minarett-Referendum einbringen, berichtete die Zeitung "De Telegraaf"
am Montag. Die Regierungsparteien der Christ- und Sozialdemokraten lehnten
dies umgehend ab.
Wilders lobte das Votum der Schweizer als Durchbruch: "Zum ersten Mal haben
sich Menschen in Europa der Islamisierung widersetzt", sagte er der
konservativen Zeitung. Die PVV ist in den letzten Jahren mit
islamfeindlichen Parolen immer stärker geworden. Unter anderem verlangt
sie, die Einwanderung von Muslimen und den Bau weiterer Moscheen zu
verbieten.
Im Juni hatte die PVV unter anderem mit solchen Forderungen vier der 25
niederländischen Mandate im Europäischen Parlament gewonnen. Laut Umfragen
würde sie bei neuen Wahlen sogar zweitstärkste politische Kraft nach der
regierenden Christdemokratischen Partei CDA werden und deren
sozialdemokratischen Koalitionspartner Partei der Arbeit (PvdA) überholen.
Von den 16,5 Millionen Einwohnern der Niederlande sind rund eine Million
Muslime, meist marokkanischer oder türkischer Herkunft.
Der ägyptische Großmufti Ali Gomaa hat das Bauverbot für Minarette in der
Schweiz als "Beleidigung" für alle Muslime kritisiert. Wie die ägyptische
Nachrichtenagentur MENA am Montag berichtete, nannte Gomaa das in einer
Volksabstimmung durchgesetzte Verbot einen Angriff auf die
Religionsfreiheit. Der Großmufti, einer der höchsten islamischen
Würdenträger, rief die Muslime in der Schweiz dazu auf, mit legalen Mitteln
gegen das Verbot zu demonstrieren und sich im gesellschaftlichen Dialog zu
engagieren.
Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach,
sieht auch in Deutschland eine wachsende Furcht der Bevölkerung vor einer
Islamisierung. Nach der Entscheidung der Schweizer sagte der CDU-Politiker
der Berliner Zeitung vom Montag, die Schweizer Entscheidung müsse deshalb
auch hierzulande ernst genommen werden und dürfe nicht hochmütig
kommentiert werden. Das Ergebnis der Volksabstimmung sei Ausdruck einer
auch in Deutschland weit verbreiteten Angst vor der Islamisierung der
Gesellschaft, sagte Bosbach.
Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy nannte die Entscheidung der
Schweizer im gleichen Blatt sehr problematisch. Wer Religionsfreiheit
garantiere, müsse den Anhängern verschiedener Religionen auch die
Möglichkeit geben, Gotteshäuser zu bauen.
30 Nov 2009
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