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# taz.de -- Kommentar Schweizer Minarett-Verbot: Rassismus aus verletztem Natio…
> Den in ihrem Selbstbewusstsein Erschütterten unter der Schweizer
> Bevölkerung bot die medial perfekt aufgezogene Kampagne für ein
> Minarettverbot ein kommodes Feindbild.
Die Mehrheit der Schweizer StimmbürgerInnen für ein Bauverbot von
Minaretten war noch nicht einmal knapp. In der Schweiz und im Ausland hatte
fast niemand mit diesem Ergebnis gerechnet. Die christlichen Kirchen, die
israelitische Kultusgemeinde und alle anderen Religionsgemeinschaften des
Landes hatten sich früh und eindeutig gegen die Verbotsinitiative der
rechtspopulistischen "Schweizer Volkspartei" ausgesprochen, ebenso wie alle
anderen Parteien und die Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände.
Die Verbotskampagne war auf eine Schweizer Bevölkerung gemünzt, die sich
seit Ende des Kalten Krieges zunehmend verunsichert fühlt. Den Verlust des
kommunistischen Feindbildes hat die laut offiziellem Mythos "neutrale", de
facto aber an der Nato orientierte Schweiz bis heute weit weniger verwunden
als die Mitglieder des westlichen Bündnisses. Angefangen bei der
Wiedergutmachung für den Raub jüdischer Fluchtgelder durch die
eidgenössischen Großbanken bis hin zur kürzlich eingeleiteten Aufweichung
des Bankgeheimnisses für ausländische Steuerflüchtlinge - sämtliche
Korrekturen offensichtlicher Geschichtslügen und falscher außenpolitischer
Positionen erfolgten seit 1989 nicht aus Einsicht, sondern nur unter Druck
von außen. Hinzu kam der durch Selbstüberschätzung verschuldete
Zusammenbruch der Swissair und anderer Objekte des Schweizer
Nationalstolzes. Auch das war schmerzhaft. Plus die schmachvolle Behandlung
durch Libyens Diktator, der seit über einem Jahr zwei Eidgenossen als
Geiseln hält. Auch die globale Wirtschaftskrise zeigt inzwischen deutlich
Spuren in der Schweiz.
Den durch diese allgemeine Verunsicherung Verängstigten und in ihrem
Selbstbewusstsein Erschütterten bot die medial perfekt aufgezogene Kampagne
für ein Minarettverbot ein kommodes Feindbild. Ermutigt von dem gestrigen
Sieg werden die Initiatoren als nächsten Schritt das Verbot von Moscheen
und islamischen Kulturzentren fordern. Zu befürchten ist, dass sich
Gewaltübergriffe gegen solche Einrichtungen häufen. In den letzten Wochen
wurde bereits zweimal die größte Moschee des Landes in Genf, einer
multinationalen Stadt, demoliert. Und auch in anderen Ländern Europas
dürfte die Hetze gegen den Islam, gegen Muslime und Musliminnen nach dieser
traurigen Schweizer Vorleistung zunehmen.
29 Nov 2009
## AUTOREN
Andreas Zumach
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