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# taz.de -- Klimakonferenz in Kopenhagen: Polizei blockiert Blockade
> Die geplante "Erstürmung" des Konferenzgeländes ist ausgefallen: Die
> Polizei hielt rund 3.000 Demonstranten gewaltsam davon ab, das Bella
> Center zu besetzen.
Bild: Ein großes Polizeiaufgebot schirmt das Bella Center in Kopenhagen ab.
KOPENHAGEN taz | Am frühen Morgen hatten sich die Protestler an zwei
S-Bahnhöfen in der Nähe des Kopenhagener Kongresszentrums gesammelt. Unter
dem Motto "Reclaim Power" wollten AktivistInnen aus sozialen Bewegungen mit
Mitteln des zivilen Ungehorsams auf das Tagungsgelände gelangen, um sich
dort mit akkreditierten Delegationen und NGOs aus Ländern des Südens zu
einer Versammlung treffen. "So wird nach 15 Jahren ineffektiver und
ungerechter UN-Klimapolitik eine neue Agenda der Klimagerechtigkeit
proklamiert", kündigte der deutsche Mitorganisator Alexis Passadakis an.
Ähnlich wie bei der erfolgreichen Blockade des G-8-Treffens in Heiligendamm
sollten die Polizeiketten überwunden werden. In zwei Linien wollten die
Teilnehmer zum Bella Center marschieren. Der kleinere, radikalere Block,
dessen Weg über eine nicht als Demonstration angemeldete Route führen
sollte, kam allerdings nicht weit: Noch in der Nähe des Versammlungsortes
wurde ein Großteil der Teilnehmer von der Polizei festgesetzt, nachdem sie
über Grundstücke neben der Straße eine Polizeikette umgehen wollten. Etwa
170 Menschen wurden dort - teils von Zivilbeamten, die in der Demonstration
mitliefen - festgenommen. Wie in den Tagen zuvor fesselte die Polizei die
DemonstrantInnen und zwang sie, mit gegrätschten Beinen auf dem eiskalten
Boden zu sitzen, bevor sie abtransportiert wurden.
Der größere der beiden Züge durfte sich hingegen auf einer angemeldeten
Route in Bewegung setzen. Rund 3.000 Demonstranten gingen die 3,5 Kilometer
bis zum Bella Center in Ketten, um zu verhindern, dass die Polizei wie am
Samstag den Demonstrationszug teilt. Kurz nach der Ankunft am
Konferenzzentrum zog die Polizei Einheiten zusammen und drängte die
Demonstranten ab. Dabei wurden Hunde, Tränengasgranaten, Schlagstöcke und
Pfefferspray eingesetzt. Einige Demonstranten hatten aus Luftmatratzen ein
Floß gebaut. Damit versuchten sie ,einen Graben zu überqueren, der sie vom
Kongresszentrum trennte. Die Polizei setzte Schäferhunde gegen sie ein und
nahm weitere Aktivisten fest.
Das geplante Treffen mit den akkreditierten NGO-Vertretern kam nicht
zustande. Zwar zogen rund 200 in einem lauten Protestmarsch aus dem
Konferenzzentrum aus, Polizeiketten außerhalb des Konferenzgeländes
verhinderten jedoch, dass sie zur Demonstration gelangten. Am frühen
Nachmittag zogen sich die Demonstranten daraufhin in die Innenstadt zurück.
Insgesamt wurden 260 Menschen festgenommen. Die Gesamtzahl der seit Samstag
in Kopenhagen vorübergehend inhaftierten Klimademonstranten stieg damit auf
rund 1.800.
Die dänische Zeitung Politiken meldete, dass der für heute angesetzte
Haftprüfungstermin für den deutschen Klimaaktivisten Tadzio Müller unter
Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet - laut Polizei, "um die
Ermittlungen nicht zu gefährden." Müller, einer der Organisatoren des
"Reclaim Power"-Marsches, war gestern in Kopenhagen verhaftet worden. Vor
Gericht legte die Polizei laut Zeitungsberichten Mitschnitte von
Telefongesprächen und SMS vor.
Das Gericht entschied, das Müller vorerst in Haft bleiben muss. "Das hat
mit dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit nichts mehr zu tun.
Die Grenze vom Rechts- zum Präventivstaat ist überschritten", sagte Hendrik
Sander von Attac Deutschland, der von der Polizei in Kopenhagen
eingekesselt wurde.
Auf scharfe Kritik stießen auch die neuen Zugangsbeschränkungen für
NGO-Vertreter beim Klimagipfel. Nur noch ein kleiner Teil der
Akkreditierten wird tatsächlich aufs Tagungsgelände gelassen. Einigen
Organisationen, darunter der deutsche Bund für Umwelt und Naturschutz
(BUND), wurde der Zutritt am Mittwoch trotz Zugangskarte komplett verwehrt.
Sie reagierten mit einer Sitzblockade im Eingangsbereich. "Diese Maßnahmen
nähren den Verdacht, dass hier in Kopenhagen ungestört ein Deal unter
Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden soll", kommentierte der
Grüne Hermann Ott.
17 Dec 2009
## AUTOREN
C. Jakob
M. Kreutzfeldt
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