# taz.de -- Militärseelsorge in Deutschland: Geistliche in "Schutzkleidung" | |
> Gut 100 evangelische Pastorinnen und Pastoren sind als Seelsorger bei der | |
> Bundeswehr, sechs von ihnen im Ausland. Diesen Dienst bietet die Kirche | |
> seit 1957 den Soldaten an. | |
Bild: Die evangelische Militärseelsorge wird vom Kirchenamt für die Bundesweh… | |
BERLIN taz | Man kann es sich einfach machen und sagen: Die Kirche ist | |
schon im Krieg. Auf evangelischer Seite leisten etwa 100 Frauen und Männer | |
Seelsorge im Feldgrau der Bundeswehr - bei ihnen nicht Uniform, sondern | |
"Schutzkleidung" genannt. Genau sechs Geistliche sind davon bei der Truppe | |
im Ausland: drei in Afghanistan, zwei auf hoher See vor dem Libanon und am | |
Horn von Afrika, einer im Kosovo. Ihre Aufgabe: Die "Seelsorge in der | |
Bundeswehr". Das Wort "Militärseelsorge" meidet die Evangelische Kirche in | |
Deutschland (EKD) bewusst. | |
Die Geistlichen halten Gottesdienste, führen mit den Soldatinnen und | |
Soldaten Seelsorge-Gespräche, beten mit ihnen. Und manchmal taufen sie die | |
Männer und Frauen im Waffenrock sogar. | |
Für die Koordination dieser Aufgabe gibt es das Evangelische Kirchenamt für | |
die Bundeswehr mit Sitz in Berlin. Wer dort anruft, landet zunächst bei | |
einer zentralen Vermittlungsstelle der Bundeswehr. Dennoch ist der Kirche | |
die Unabhängigkeit wichtig, wie der Leitende Militärdekan Matthias Heimer | |
vom Kirchenamt betont. Die Geistlichen werden von ihren Landeskirchen beim | |
Bund für sechs oder im längsten Fall zwölf Jahre freigestellt. Ihr Chef | |
bleibt ein leitender Geistlicher - der Militärbischof, gegenwärtig ist dies | |
Martin Dutzmann. Bezahlt aber werden die Geistlichen bei gleich bleibenden | |
Bezügen samt einer "Auslandsverwendungszulage" wie ihre zeitweiligen | |
Bundeswehrkameraden vom Staat. Sie werden "Bundesbeamte auf Zeit". | |
Die Pfarrerinnen oder Pfarrer haben keinen Waffen und keinen Dienstgrad. | |
Auf der Schulter haben sie als Abzeichen ein Kreuz. Kein Militär kann ihnen | |
Befehle erteilen. Es sind dort "relativ freie Leute", meint Heimer. Oft | |
gebe es den Wunsch der Soldaten, eine Art Kapelle am Einsatzort zu | |
schaffen. Sonst gibt sogenannte "Oasen", die nicht nur als | |
Gottesdienstorte, sondern auch als eine Art Cafeteria oder Rückzugsraum | |
dienen. | |
Seit 1957 gibt es zwischen der EKD und dem Bund den | |
"Militärseelsorgevertrag", der die Seelsorge in der Bundeswehr regelt. Bis | |
zur Wiedervereinigung gab es immer wieder Diskussionen darüber, ob die | |
Kirchen diesen Dienst leisten sollten - eine Debatte, die mit dem Beitritt | |
der neuen Länder und ihren meist friedensbewegten Landeskirchen neue Fahrt | |
gewann. | |
Die ostdeutschen Geistlichen bei der Bundeswehr erhielten aufgrund der | |
pazifistischen Tradition dieser Landeskirchen zunächst einen Sonderstatus: | |
Sie waren Kirchenbeamte, nicht Staatsbeamte auf Zeit. Seit 2004 sind nun | |
alle EKD-Geistlichen unter einem Hut, dafür wurde sogar die Grundordnung | |
der EKD geändert, was selten ist. | |
Die ostdeutschen Synoden haben sich jedoch ein kleines Signal der | |
Staatsferne bei der Seelsorge in der Bundeswehr erkämpft: Die Geistlichen | |
in "Schutzkleidung" könnten auch als Staatsangestellte statt als | |
Staatsbeamte ihren Dienst wahrnehmen. Alle ostdeutschen Geistlichen sind | |
bisher aber in den Status eines Staatsbeamten gewechselt. Seit 2004 haben | |
Synoden die Seelsorge beim Bund nicht mehr grundsätzlich diskutiert | |
11 Jan 2010 | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
Philipp Gessler | |
## TAGS | |
Bundeswehr | |
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