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# taz.de -- Finanzexperte kritisiert Boni: "Eine neue Blase"
> Die Riesenboni zeigen, dass die Banker nichts gelernt haben, sagt Ökonom
> Ulrich Thielemann, von der Universität St. Gallen.
Bild: Von den Banken Geschädigte demonstrieren vor der Citi-Bank in Düsseldor…
taz: Herr Thielemann, ist die Aufregung um die hohen Wall-Street-Gehälter
gerechtfertigt?
Ulrich Thielemann: Ja, eindeutig. Die US-Banken wurden mit 700 Milliarden
Dollar Steuergeldern gerettet. Das war von vornherein ein Fehler. Denn
damit haben die Banken die Hebel bekommen, um entweder noch mehr Druck auf
die Realwirtschaft auszuüben oder eine weitere Blase aufzubauen.
Und wo ist das ganze Geld hin?
Ich vermute, dass es letztlich bei den Aktionären der Banken landet und
natürlich bei den Bonirittern. Mit der staatlichen Intervention wurde das
illusionäre Blasenkapital in hart erarbeitete Steuerdollar umgewandelt. Ich
habe keine Zweifel, dass es sich bei den Milliarden, die jetzt in den
Büchern stehen und aus denen die Boni stammen, wieder um eine Blase
handelt. Nur wird sie diesmal mit öffentlichen Geldern finanziert.
Sollte es ein Limit für Boni geben?
Unbedingt. Aber die Marktgläubigen dieser Welt wollen das nicht verstehen.
Ihnen ist jedes Maß verloren gegangen. Man braucht sich deshalb nicht zu
wundern, dass hier nichts gelernt wurde, denn viele Banker haben bei dem
Thema überhaupt kein Schuldbewusstsein. Viel zu wenige stellen sich die
Frage, woher die Gewinne für solche Gehälter überhaupt kommen sollen.
Noch immer verdienen die Banken dieses Geld durch den Verkauf ihrer
Finanzprodukte, für die sie Abnehmer finden.
Aber woher stammt dieses Geld? Wohl kaum aus der Realwirtschaft. Und das
ist auch gut so. Eine zunehmend erschöpfte Realwirtschaft kann und soll die
Gewinne nicht erwirtschaften, die dem gigantisch angewachsenen Kapital
entsprechen würden, das ja nicht vernichtet, sondern gerettet wurde. Was
ist also passiert? Die Subprime-Blase wurde durch einen andere Blase
ersetzt, durch eine Staatsanleihen- und Rohstoffblase. Das Perfide ist nun
aber, dass diese Banken mit dem normalen Lauf der Realwirtschaft verknüpft
sind. Weil dieser aber nicht gefährdet werden darf, können die Banken den
Rest der Gesellschaft in Geiselhaft nehmen. Ihr Kalkül ist, die
Gesellschaft für ihre imaginären Verluste bezahlen zu lassen, wenn die
nächst Blase platzt. Oder sie machen sich vorher aus dem Staub mit ihren
Milliardengewinnen und -boni, denen man ja vorher nicht ansieht, ob sie aus
Blasen oder aus realer Wertschöpfung stammen.
Die Banker der Citibank haben ihre Verluste um 26 Milliarden Dollar
verringert. Was wäre eine gerechte Entlohnung für diese Arbeit?
Solche Zahlen sind mit allergrößter Vorsicht zu genießen. Niemand kann
beziffern, zu welchem volkswirtschaftlichen Preis das gelungen ist. Aber
die Kosten, die dabei etwa durch den Verlust von Arbeitsplätzen in der
Realwirtschaft entstehen, werden bei solchen Rechnungen immer unter den
Teppich gekehrt. Es ist ein fataler Irrtum, Gewinne der Banken automatisch
mit einem Nutzen für die Gesamtwirtschaft gleichzusetzen.
Wären Sondersteuern auf Boni ein Instrument, um mehr Gerechtigkeit zu
schaffen?
Die Boni sind problematisch, weil sie nichts mehr mit
Leistungsgerechtigkeit zu tun haben und die falschen Anreize geben. Wenn es
die Boni nicht gäbe, hätten die Banker gar kein Interesse daran, an einer
Blase zu basteln. Bonisteuern wären ein erster Schritt. Das Gebot der
Stunde ist es, die variable Vergütung zu begrenzen, und zwar global.
23 Jan 2010
## AUTOREN
Stephan Kosch
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