# taz.de -- Griechische Staatsfinanzen: Blut, Schweiß und Tränen | |
> Die EU-Kommission hat den Sparplan der Griechen gebilligt, doch der ist | |
> äußerst rigide. Die Proteste der Bauern deuten darauf, auf welchen | |
> Widerstand der Sparkurs stoßen wird. | |
Bild: Griechenlands Premier Papandreou steckt in der Klemme: Die EU verlangt ei… | |
Die EU-Kommission nimmt Griechenland wirtschaftspolitisch an die ganz kurze | |
Leine. Dafür schöpft Währungskommissar Joaquin Almunia, wie er gestern | |
betonte, alle Möglichkeiten des neuen Lissabonvertrages aus. Athen wird | |
verpflichtet, das Mitte Januar eingereichte Stabilitätsprogramm und die | |
zusätzlichen Ankündigungen des Ministerpräsidenten vom Dienstag zügig | |
umzusetzen. Schon in einem Monat will die Kommission die Fortschritte | |
kontrollieren. Gleichzeitig wird das Defizitverfahren verschärft. Weil die | |
griechische Regierung jahrelang falsche Haushaltszahlen nach Brüssel | |
meldete, wird ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Mitte Februar | |
müssen die europäischen Finanzminister die Maßnahmen noch absegnen. | |
Die griechische Regierung hat versprochen, das Haushaltsdefizit von derzeit | |
12,7 Prozent bis 2013 schrittweise auf zwei Prozent zu senken. Das soll | |
durch eine umfassende Reform der Staatsausgaben und eine strikte | |
Sparpolitik erreicht werden. Höhere Steuern auf Alkohol, Benzin und Tabak, | |
weniger Steuervergünstigungen und weniger Steuerschlupflöcher sollen die | |
Staatseinnahmen erhöhen. Ein Einstellungsstopp für Behörden in diesem Jahr, | |
um zehn Prozent gekürzte Budgets der Ministerien, eine Renten- und | |
Gesundheitsreform und Gehaltskürzungen für Beamte sollen die Staatsausgaben | |
verringern. | |
Der Brüsseler Finanzexperte Daniel Gros glaubt allerdings nicht, dass sich | |
die griechischen Schuldenprobleme durch eine Absprache zwischen der | |
EU-Kommission und der griechischen Regierung beheben lassen. In einem | |
Aufsatz für das von ihm geleitete Zentrum für Europäische Politikstudien | |
(CEPS) rechnet er vor, dass die Griechen seit Jahren über ihre Verhältnisse | |
leben. Seit fast einem Jahrzehnt ist die Sparrate des Landes negativ - nur | |
die Portugiesen leben noch sorgloser auf Pump. Die schwierige Lage in | |
Spanien und Irland hingegen sei erst durch die Immobilienkrise entstanden. | |
Die Menschen hätten dort in den Boomjahren nicht alles ausgegeben sondern | |
die Ersparnisse in Immobilien gesteckt. Beide Länder, glaubt Gros, werden | |
sich deshalb aus eigener Kraft aus der Schuldenkrise befreien können. | |
Für Griechenland aber sieht er schwarz. "Brüssel kann nur auf die | |
Regierungen einwirken. Doch das Problem ist die Bevölkerung. Den Menschen | |
fehlt jedes Bewusstsein dafür, wie ernst die Lage ist," sagte Gros der taz. | |
Die Krise müsse sich noch deutlich verschärfen, bevor die Regierung | |
Papandreou eine Chance habe, ihren Sparkurs innenpolitisch durchzusetzen. | |
"Die Sozialpartner müssen merken, dass es ernst ist." Eine Finanzspritze | |
der anderen Euroländer, wie sie derzeit häufig gefordert wird, lehnt Gros | |
ab. Sie würde nach seiner Überzeugung den Reformwillen der Athener | |
Regierung sofort wieder zunichte machen. | |
Einen Generalstreik und daraus folgenden Staatsbankrott hält Gros für | |
möglich. Die Euroländer sollen einen Europäischen Währungsfonds gründen, um | |
in einem solchen Fall die ungedeckten griechischen Wechsel aufzukaufen und | |
die Glaubwürdigkeit der Eurowährung zu erhalten. Ein solcher Fonds könnte | |
analog zum Internationalen Währungsfonds Auflagen machen, bevor er Kredite | |
gewährt. Viele Hauptstädte - allen voran Berlin - lehnen die Idee ab, weil | |
sie ihre eigenständige nationale Wirtschaftspolitik nicht aufgeben wollen. | |
"Die Krise kann aber das Denken in diese Richtung beschleunigen", glaubt | |
Gros und erinnert an die neue europäische Bankenkontrolle, die vor der | |
Krise ebenfalls politisch nicht durchsetzbar schien. Die Bundesregierung | |
habe sich ja auch vehement gegen einen Europäischen Bankenrettungsfonds | |
ausgesprochen und am Ende ihre eigenen Banken im nationalen Alleingang | |
retten müssen. "Die Lernwilligkeit in Berlin ist begrenzt. Man fragt sich, | |
auf was für einem Planeten die dort leben." | |
Dass die Lage in Griechenland ernst ist, bestreitet aber auch in Berlin | |
niemand mehr. Vermutlich werden am 15. Februar die Finanzminister die | |
strengen Auflagen der Kommission bestätigen. Schon einen Monat später muss | |
Papandreou Bericht erstatten, welche Maßnahmen umgesetzt wurden. Am 15. Mai | |
und danach alle drei Monate muss er den Bewährungshelfern in Brüssel | |
weitere Reformen präsentieren. "Die Märkte werden entsprechend positiv | |
reagieren", glaubt Almunia. Davon ist auch Daniel Gros überzeugt. "Wenn es | |
unter den Griechen einen Konsens gibt, dass die Reformen nötig sind, werden | |
die Kreditzinsen sinken. Dann kann sich Griechenland selber helfen." | |
4 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Niels Kadritzke | |
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