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# taz.de -- 5 Jahre nach dem Mord an Hatun Sürücü: Noch immer gibt es viele …
> Vor fünf Jahren wurde Hatun Sürücü ermordet. Was verbinden Berliner heute
> mit dem Namen der Deutsch-Türkin? Hat sich das Angebot verbessert? Sechs
> Antworten.
Bild: Zwei Frauen während einer Demonstration gegen Gewalt an Frauen
"Der Mord an Hatun Sürücü hat die Nöte, in denen sich viele türkische
Frauen befinden, tief ins Bewusstsein gerückt. Dass Frauen getötet werden,
weil sie sich nicht dem männlichen, archaischen Herrschaftssystem
unterwerfen wollen: Es ist erschreckend, was für eine Gewaltbereitschaft in
manchen Familien herrscht. Die patriarchalisch geprägten Familienstrukturen
werden vom Vater über die Söhne weitergegeben und offenbar von der ganzen
Familie mitgetragen."
Vera Junker ist Vorsitzende der Vereinigung Berliner Staatsanwälte.
"Beim Thema Zwangsverheiratung hat sich einiges getan seit dem Mord an
Hatun Sürücü: Zahlreiche Bundesländer haben Beratungsstellen gegründet und
Notunterkünfte für Frauen geschaffen. Doch leider kocht immer noch jedes
Land sein eigenes Süppchen, einheitliche Gesetze fehlen noch. Da in
Deutschland immer mehr Daten über Menschen gesammelt werden, fällt es
bedrohten Frauen immer schwerer, länger unterzutauchen. Deshalb brauchen
wir beispielsweise dringend eine Änderung des Meldegesetzes."
Sibylle Schreiber ist Referentin bei der Frauenrechtsorganisation Terre des
femmes
"Der jüngste Bruder hat die Tat gestanden, er ist rechtskräftig verurteilt
worden. Die beiden mitangeklagten älteren Brüder sind freigesprochen
worden. Der Bundesgerichtshof hat den sehr sorgfältig begründeten
Freispruch aufgehoben. Ehrenmorde sind schreckliche archaische Taten. Aber
nicht alle Taten, die auf den ersten Blick als Ehrenmord wahrgenommen
werden, sind einer. Als Strafverteidiger bin ich da eher vorsichtig und
kann vor einem Klima der Vorverurteilung nur warnen."
Peter Zuriel ist Vorsitzender der Vereinigung Berliner Strafverteidiger
## Kenan Kolat
"Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich an diesen schrecklichen Mord denke.
In meinen Augen gehören die Begriffe Ehre und Mord nicht zusammen.
Ehrwürdig ist, wenn man sich gegen jegliche Form der Diskriminierung
wendet."
Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland
## Tülay Usta
"Was den Mord an Hatun Sürücü angeht, waren die Meinungen in der türkischen
Community damals durchaus geteilt. Der überwiegende Teil, zu dem ich
gehöre, hat die Tat als sehr beschämend und unverzeihbar empfunden. Aber
eine Minderheit hat den Mord durchaus befürwortet. Hatun Sürücü hatte sich
in Deutschland integriert, sie hat ihr Leben selbstbewusst in die Hand
genommen. Sie hat das getan, was viele türkische Frauen tun. Aber im
Unterschied zu den meisten Familien hat Hatuns Familie das nicht
akzeptiert. Bestürzend ist, dass sie von ihrem eigenen Bruder, dem sie
vertraut hat, in eine Falle gelockt worden ist. Das hat viele Mädchen, die
in einem ähnlichen traditionellen Umfeld leben, extrem verunsichert. Der
Mord hat vieles an die Oberfläche gespült. Er hat dazu geführt, dass Frauen
und Mädchen freier über häusliche Gewalt diskutieren können. Leider ist das
Problem nach wie vor in türkischen Familien existent. Die Stiftung "Hatun
und Cem", die bedrohten Migrantinnen Zuflucht bietet, wird von Anfragen
geradezu überrannt."
Tülay Usta, Mitglied des türkischen Elternvereins
## Micha Schmidt
"Der Mord an Hatun Sürücü hat auch an den Schulen hohe Wellen geschlagen,
aber das ist inzwischen leider kein Thema mehr. Die Zeit ist so
schnelllebig, da machen sich die jungen Leute über andere Sachen Gedanken.
Angesichts der Informationsflut über weltweite Krisen sind viele
Jugendliche heute völlig überfordert, wenn es um komplexe Themen wie
Ehrenmorde geht."
Micha Schmidt ist von der Landesschülervertretung
6 Feb 2010
## AUTOREN
Plutonia Plarre
Bernd Skischally
## TAGS
Tötungsdelikte
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