# taz.de -- Köhler unterschreibt Netzsperren: Zensursulas später Sieg | |
> Horst Köhler hat das Netzsperren-Gesetz unterschrieben. Er habe keine | |
> durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. AK Zensur kündigt | |
> Verfassungsbeschwerde an. | |
Bild: Ursula von der Leyen. Netz-Aktivisten nennen sie nur noch "Zensursula". | |
BERLIN afp/taz | Bundespräsident Horst Köhler hat am Mittwoch das | |
umstrittene Gesetz zur Sperrung kinderpornografischer Inhalte im Internet | |
(Zugangserschwerungsgesetz) unterzeichnet. "Es bestanden keine | |
durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken", die den Präsidenten an | |
einer Ausfertigung des Gesetzes gehindert hätten, teilte das | |
Bundespräsidialamt in Berlin mit. | |
Während der Debatte um das Gesetz hatten Bürgerrechtler immer wieder vor | |
den verfassungsrechtlichen Unzulänglichkeiten, die ihrer Ansicht nach in | |
dem Gesetz bestehen, gewarnt. "Wenn er keine Bedenken hat, ist das Köhlers | |
Ansicht", sagt Alvar Freude von der Bürgerrechtsorganisation "AK Zensur", | |
"Wir sehen das allerdings anders und haben ihm das auch mitgeteilt." | |
Die im AK Zensur mitwirkenden Juristen bereiten deswegen aktuell eine | |
Verfassungsbeschwerde vor, denn: Mit dem Zugangserschwerungs-Gesetz werde | |
erstmals in Deutschland eine Internet-Zensur-Infrastruktur gesetzlich | |
verankert, die massiv in die Informations-, Rezipienten- und | |
Meinungsfreiheit eingreife, so der AK Zensur [1][in einer | |
Presseaussendung]. | |
Der AK Zensur unterstützte deswegen auch eine für 18 Uhr angesetze | |
Kundgebung vor dem Schloss Bellevue, ursprünglich angeregt von Aktivisten | |
aus dem Umfeld der Piratenpartei. Seit bekannt ist, dass Köhler das Gesetz | |
unterschrieben hat, wurde das Twitter-Hashtag "[2][Zensursula]" schlagartig | |
wieder sehr beliebt. | |
In der heute versendeten Erklärung des Präsidialamtes heisst es weiter, der | |
Bundespräsident gehe davon aus, dass die Bundesregierung entsprechend ihrer | |
Stellungnahme vom 4. Februar nun "auf der Grundlage des | |
Zugangserschwerungsgesetzes" Kinderpornografie im Internet effektiv und | |
nachhaltig bekämpfen werde. | |
Die Opposition will, dass das Gesetz mit dem Beschluss eines | |
Aufhebungsgesetzes ganz vom Tisch kommt. Bereits am 25. Februar ist es | |
Thema im Parlament. Linkspartei, Grüne und SPD haben Aufhebungsanträge | |
gestellt. | |
Bereits im vergangenen Herbst war die Bundesregierung im Rahmen ihres | |
Koalitionsvertrags von dem noch von der großen Koalition beschlossenen | |
Vorhaben abgerückt, kinderpornografische Webseiten im Internet zu sperren. | |
Geplant ist nun ein neues Gesetz zum Löschen kinderpornografischer Seiten, | |
das das von Köhler jetzt unterzeichnete Gesetz ablösen würde. Details auch | |
zum rechtlichen Vorgehen sind allerdings noch offen. | |
Der Chaos Computer Club (CCC) meint hierzu, dass "die kopflose | |
Planlosigkeit der Bundesregierung" nur von ihren den eigentlichen Plänen | |
ablenken soll. CCC-Sprecher Frank Rieger sagte am Mittwoch, man müsse "den | |
Vorgang in Zusammenhang mit dem anstehenden Jugendmedienstaatsvertrag" | |
sehen. Dieser werde wesentliche Teile des Zugangserschwerungsgesetzes auf | |
Länderebene umsetzen. Offenbar wolle man mit der angekündigten Aufhebung | |
des Gesetzes nur die Netzgemeinde "ruhig stellen", "während die verbohrten | |
Zensurbefürworter auf Umwegen versuchen, ihr Ziel zu erreichen." | |
Am 22. Februar wird es im [3][Petitionsauschuss] eine von Aktivisten lang | |
erwartete Anhörung zum Zugangserschwerungsgesetz geben: Dann wird die von | |
Franziska Heine eingereichte E-Petition behandelt. | |
17 Feb 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://ak-zensur.de/2010/02/unterzeichnung.html | |
[2] http://twitter.com/#search?q=%23zensursula | |
[3] http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse/a02/aktuelles/index.html | |
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