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# taz.de -- Freispruch für Hotel-Gegner: Mövenpick ist nicht befriedet
> Oberlandesgericht bestätigt Freispruch-Urteil gegen Mövenpick-Hotelgegner
> wegen Hausfriedensbruch. Ohne Zaun ist eine Grünfläche "nicht befriedet".
Bild: Der Wasserturm im Schanzenpark - ein Randstein ist nicht genug.
Wer seine Grünfläche vor seinem Gebäude offen gestaltet und keine physische
Barriere errichtet, hat sein Besitztum nicht befriedet. Wenn dieses Gelände
also von Fremden betreten wird, ist das kein Hausfriedensbruch. Mit dieser
Begründung wies am Mittwoch das Hanseatische Oberlandesgericht die Revision
der Generalstaatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts. Dieses
hatte den Aktivisten für den Erhalt des Schanzenparks Jörg M. vom Vorwurf
des Hausfriedensbruchs freigesprochen. "Es muss für Jedermann erkennbar
sein - nicht nur für Hotelgegner, sondern auch für Touristen oder
Interessierte: wenn ich diesen Rasen betrete, begehe ich
Hausfriedensbruch", sagt der Vorsitzende Richter Klaus Rühle.
Im konkreten Verfahren ging es um zwei Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs
gegen M. aus dem Jahr 2007. Einmal hatte er mit seinem Hund spät abends die
Grünfläche des umstrittenen Mövenpick-Hotels im Wasserturm betreten, um
einen dorthin geflogenen Ball zu holen. Das andere Mal hatte er in eine der
Glaspyramiden geguckt, die als Lichtschacht für die Konferenzräume
fungiert. Mövenpick und die Polizei, die lange den Hotelneubau bewachte,
hatten sich 2007 darauf verständigt, dass die Randsteinkante, die den
öffentlichen Rundweg um den Turm von der Rasenfläche abgrenzt, als
Markierung des Eigentums angesehen wird, wo für Hotelgegner der
Hausfriedensbruch beginnt.
Nach herrschender Rechtsprechung und einem Urteil des Reichsgerichts von
1884 tritt "befriedetes Besitztum" jedoch nur ein, wenn das Gelände durch
"zusammenhängende Schutzwehren gegen das Betreten durch Fremde gesichert
ist" - also eine Mauer, Hecke oder einen Zaun. "Ein physisches Hindernis
ist die Randsteinkante mit Sicherheit nicht", sagt Rühle.
Auch die durchlässigen Heckenteile, die versetzt und mit zwei Meter breiten
Durchlässen gepflanzt sind, stellten kein physisches Hindernis dar. "Das
mag ein Sichtschutz sein, aber keine Einfriedung", befindet Rühle. Die
Grünfläche um den Turm herum ließe auch keinen "funktionalen Zusammenhang"
zum Hotel erkennen, wie es etwa beim Vorgarten eines Einfamilienhauses der
Fall ist. "Wer sich den offenen Parkeindruck gewollt zu Nutzen macht, hat
kein befriedetes Besitztum", bekräftigte Rühle. "Da hilft auch kein Schild:
,Betreten des Rasens verboten.'"
Die juristische Ohrfeige für die Mövenpick-Betreiber, den Staatsschutz der
Polizei und die politische Staatsanwaltschaft wird weitreichende
Konsequenzen haben. Gegen Hotelgegner sind nahezu 100 Verfahren wegen
Hausfriedensbruchs anhängig, die nun eingestellt werden müssten. Erst vor
wenigen Wochen hatte es im Verlauf einer Aktion neue Strafanträge gegeben.
Gegen Jörg Ms. Lebensgefährtin Claudia F., gegen die die Polizei Ende 2007
wegen der diverser Anzeigen ein "Parkverbot" verhängt hatte, sind allein 35
Verfahren anhängig.
Auch viele Verfahren wegen Widerstands gegen Polizeibeamte, die oft als
Folge des vermeintlichen Hausfriedensbruchs eingeleitet worden waren, wenn
Leute den Aufforderungen der Polizisten nicht sofort Folge geleistet haben,
könnten platzen. Denn wenn sich jemand gegen unberechtigtes Polizeivorgehen
mit "physischen Widerstand durch Sperren" sträubt, kann die einfache
Widerstandshandlung nach Paragraf 113 Absatz 2 Strafgesetzbuch straffrei
sein.
Auch nach Auffassung des Hamburger Staatsrechtlers und
Rechtswissenschaftlers Ulrich Karpen ist es "legitimes Recht", einem
Polizeihandeln energisch zu widersprechen und sich zu sperren, "wenn dies
allem Anschein nach unberechtigt" sei.
24 Feb 2010
## AUTOREN
Magda Schneider
## TAGS
Kolumne Speckgürtelpunks
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Mövenpick-Hotel-Gegnerin wird vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs
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