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# taz.de -- Oscar-Verleihung: Frauentag in Hollywood
> 82 Mal musste der Oscar verliehen werden bis es so weit war. Neben den
> Schauspielerinnen Bullock und MoNique erhielt Kathryn Bigelow als erste
> Frau den Oscar für die beste Regie.
Bild: Da geht´s lang: Kathryn Bigelow bei den Dreharbeiten zu "The Hurt Locker…
Als Barbra Streisand "Na also, die Zeit ist gekommen" sagt, ist klar, dass
dieser Abend endlich Geschichte geschrieben hat. Als erste Frau überhaupt
gewinnt Kathryn Bigelow einen Regie-Oscar - und zwar völlig verdient für
ihr Kriegsdrama "The Hurt Locker".
Lange hat es gedauert. Es war die 82. Verleihung der Academy Awards seit
1929, die am Sonntagabend über die Bühne des Kodak Theatre ging, und erst
zum vierten Mal wurde überhaupt eine Frau in der Kategorie "Beste Regie"
nominiert. Zum ersten Mal bekam außerdem mit Lee Daniels ein
afroamerikanischer Filmemacher diese Chance. So viel zur viel beschworenen
Liberalität Hollywoods. Immerhin durften Hillary Clinton und Barack Obama
schon vor zwei Jahren um die Nominierung für das höchste Amt im Staate
streiten.
Auch in anderer Hinsicht konnte der Filmindustrie dieses Jahr nur billig
sein, was der Politik recht ist. Während Washington in Zeiten der Rezession
Geld ins System pumpt wie nie zuvor, reagierte Hollywood mit einer
Inflation nominierter Werke. Zehn standen dieses Mal in der Kategorie für
den besten Film zur Auswahl, so viele wie seit 1943 nicht mehr. Eine
Reaktion auf das Sinken der Einschaltquoten: Im Jahr 2008 schauten so
wenige Amerikaner die Vierstundenshow wie noch nie seit Beginn ihrer
Liveübertragung im Fernsehen, 2009 war es nicht viel besser.
Die Nominierung von mehr Filmen sollte sicherstellen, dass neben den
mittelhoch budgetierten Renommierproduktionen wie "Up in the Air" auch
Blockbuster wie James Camerons "Avatar" am Rennen teilnehmen konnten. Mit
dieser Neuregelung fiel den Academy Awards außerdem ganz automatisch in den
Schoß, was die Regierung gerade händeringend sucht, nachdem Obamas "Change"
im Grabenkrieg der Parteikämpfe stecken geblieben ist: eine spannende
Master-Erzählung, die man in wenige Worte fassen kann.
Hollywood reichten drei: David gegen Goliath bzw. Kathryn gegen James. Wie
schon in der Bibel hat der Außenseiter gewonnen - bzw. die Außenseiterin.
Das überrascht nur auf den ersten Blick. Die größte Gruppe der fast 6.000
Academy-Mitglieder sind Schauspieler. Und die haben erwartungsgemäß nicht
einen Film gewählt, in dem ihre Kunst Nebensache ist. Die Allmacht eines
Regisseurs wie Cameron, der Pixel für Pixel eine monomanische Fantasiewelt
formt und statt Menschen drei Meter große blaue Aliens in den Mittelpunkt
rückt, kann ihnen nur Angst machen.
Wie eindeutig "Hurt Locker" dann durchmarschierte, überrascht allerdings
doch: Er gewann nicht nur in den Kategorien "Bester Film", "Beste Regie"
und "Bestes Drehbuch", sondern auch für Ton, Tonschnitt und Schnitt. Für
"Avatar" blieben nur die Preise für Kameraarbeit und Spezialeffekte. Völlig
vorhersehbar waren dieses Jahr dagegen die Schauspielpreise - sie wurden
sogar korrekt vorhergesagt von einer US-Filmprofessorin, die sich mit den
Mustern von Oscarverleihungen auseinandergesetzt hat. Sandra Bullock und
Jeff Bridges wurden für ihre Comebacks ausgezeichnet, MoNique und Christoph
Waltz in den Nebenrollen für ihren Mut zur Monstrosität. Der Österreicher
Waltz verpackte die Namen seiner Dankesliste in eine brav auswendig
gelernte Geschichte. Bridges wirkte dagegen so, als sei er nie aus der
Rolle des Jeff "The Dude" Lebowski herausgekommen. Der Schauspielberuf sei
"groovy", murmelte er.
Solche Eigenheiten hätte die anfangs zäh fließende und später hektisch
voranhastende Show mehr gebrauchen können, die von den Moderatoren Steve
Martin und Alec Baldwin allzu routiniert über die Runden gebracht wurde.
Vielleicht fehlte jemand wie Michael Haneke, dessen Film "Das weiße Band"
als einer der Favoriten in der Kategorie "Bester ausländischer Film"
gegolten hatte, aber gegen den argentinischen Außenseiter "El Secreto de
Sus Ojos" verlor. Eine der wenigen echten Überraschungen.
Vielleicht hätte Haneke für einen Skandal gesorgt. Auf dem roten Teppich
maßregelte er einen Interviewer: Ein Oscar sei mitnichten die höchste
künstlerische Auszeichnung für einen Filmemacher. Diese Krone werde immer
noch in Cannes verliehen, wo "Das weiße Band" 2009 gewonnen hat. Oscars
seien nur gut für die Werbung.
8 Mar 2010
## AUTOREN
Sven von Reden
## TAGS
Film
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im Irak gewinnt die wichtigsten Oscars – und lässt "Avatar", das
Millionen-Spektakel ihres Ex-Mannes, weit hinter sich.
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Sie macht actionreiche Filme. Und das seit Jahren erfolgreich. Nun erhielt
Kathryn Bigelow als erste Frau den Regie-Oscar. Und freut sich auf den Tag,
wo Mann oder Frau keine Rolle mehr spielt.
Am Rande des Academy Awards: Und der Download-Oscar geht an ...
Ginge es nach der Gunst der Kinozuschauer, hätte "Avatar" den Preis als
"Bester Film" erhalten. Schaut man aber, welcher Film die meisten Downloads
hat, liegt die Rassismus-Parabel "District 9" vorn.
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