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# taz.de -- Kommentar Fußballrandale: Hertha-Fans ohne Herdentrieb
> Repressionen haben zur Zwangssolidarisierung in der Fanszene geführt. Die
> bröckelt nun langsam. Längst überfällig: Fanvertreter fordern eine
> interne Ächtung von Gewalt.
Bild: Krawall beim Pokalspiel Hertha BSC gegen Hansa Rostock
Zu sehen war: eine Hundertschaft gruseliger Gestalten mit Stangen und
eindeutig brutalen Absichten. Nicht zu sehen war: Als die Berliner Ultras
das Spielfeld des Olympiastadions stürmten, folgte der Großteil der Fans in
der Hertha-Kurve nicht dem Herdentrieb. Trotz der Niederlage in letzter
Minute, die den Abstieg ihres Klubs wohl besiegelt hat, blieb die Mehrheit
frustriert, aber brav dort, wo sie hingehört - auf den Rängen.
Die Gewalt, die in den Stadien seit einigen Wochen wieder einmal verstärkt
aufflammt, hat wenig mit Fußball zu tun. Sie ist auch nicht Ausdruck einer
gesellschaftlichen Entwicklung, nicht Ventil für den Frust einer jeder
Hoffnung beraubten Hartz-IV-Generation. Der gewaltbereite Teil der
Ultrabewegung sind Testosteron-Junkies aus allen Schichten, die den Fußball
als medienwirksamen Anlass für ihre Krawall-Events missbrauchen.
Bisher allerdings ging diese Minderheit in der großen Mehrheit aller
Fußballfans auf und wurde dadurch auch von ihr geschützt. Weil staatliche
Repressionen wie Stadionverbote in ihrer Streuung nicht nur die Gewalttäter
treffen, entstand eine Solidarität innerhalb der Fanszene, wurde sie durch
den Druck von außen zu einer Art Zwangsgemeinschaft.
Diese Solidarität aber bröckelt nach den jüngsten Gewaltausbrüchen. Zwar
weisen Vertreter von Fanprojekten auf Italien hin, wo die Ultrakultur ihren
Ursprung hat, aber auch mit staatlichen Zwangsmaßnahmen und sogar
Gesetzesänderungen nicht unter Kontrolle zu bekommen ist. Nun aber fordern
erstmals auch Fanvertreter offensiv eine Diskussion in der eigenen
Klientel, die Auseinandersetzung mit den Gewaltbereiten und vor allem deren
interne Ächtung. Die Vereine können diesen Prozess positiv begleiten, der
Impuls aber muss von den Anhängern selbst kommen, eben von denen, die im
Olympiastadion auf den Rängen geblieben sind. Ob eine solche interne
Diskussion zu praktikablen Lösungen führt, wird man sehen. Überfällig aber
ist sie schon lange.
15 Mar 2010
## AUTOREN
Thomas Winkler
Thomas Winkler
## TAGS
Fußball
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