# taz.de -- 1. Mai in Berlin: Letzter Ausweg Verbot | |
> Die Polizeigewerkschaft will ein Demonstrationsverbot, wenn nicht | |
> genügend Einsatzkräfte bereitstehen. In der Politik gibt es dafür keine | |
> Mehrheit. | |
Bild: So geordnet geht es am 1. Mai nicht immer zu | |
BERLIN taz | Für den 1. Mai gibt es die erste Forderung nach einem Verbot | |
einzelner Demonstrationen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei | |
(GdP), Eberhard Schönberg, sprach sich für Verbote als "Ultima Ratio" aus, | |
wenn die Berliner Polizei nicht ausreichend Unterstützung aus anderen | |
Bundesländern erhalte. "Gerade bei den Veranstaltungen, wo Rechts und Links | |
aufeinandertreffen, sind unheimlich viele Polizeikräfte notwendig, um beide | |
Seiten auseinanderzuhalten", sagte Schönberg. | |
Hintergrund ist, dass sich der Gewerkschaft zufolge in diesem Jahr eine | |
geringere Bereitschaft aus anderen Bundesländern abzeichnet, zur | |
Verstärkung Polizisten nach Berlin zu senden. Waren im vergangenen Jahr | |
noch insgesamt 6.000 im Umgang mit Ausschreitungen geschulte Polizisten im | |
Einsatz, ist unklar, ob die Zahl für dieses Jahr gehalten wird. | |
Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ist insbesondere die | |
Unterstützung großer Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen, die | |
in der Vergangenheit viele Polizisten zur Verfügung gestellt hätten, | |
unklar. Andere, wie Mecklenburg-Vorpommern, hätten bereits abgesagt, da die | |
Beamten selbst bei Demonstrationen oder Fußballspielen benötigt würden. Die | |
Berliner Polizei äußerte sich am Freitag nicht zum Stand der Zu- und | |
Absagen. | |
Laut dem GdP-Vorsitzenden Schönberg kann Berlin selbst höchstens 2.000 | |
Polizisten aus Einsatzhundertschaften stellen. Doch diese seien zum Teil | |
auch schon in der Nacht zum 1. Mai im Dienst - und müssten schließlich | |
zwischendurch pausieren. Schönberg beruft sich daher auf den "polizeilichen | |
Notstand", der es ermögliche, Grundrechte wie die Demonstrationsfreiheit | |
einzuschränken, wenn die Polizei personell nicht in der Lage ist, die | |
öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Er betonte allerdings, dass ein | |
Verbot ein "politischer Offenbarungseid" sei und nur sinnvoll sei, wenn es | |
auch eingehalten werde. In Berlin seien derzeit drei rechtsextreme und ein | |
gutes Dutzend linke Demonstrationen angemeldet. | |
Aus der Politik kommen kritische Stimmen zu einem eventuellen Verbot. So | |
spricht sich Andreas Gram, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der | |
CDU-Fraktion, dafür aus, zunächst mildere Mittel einzusetzen, wie | |
verschärfte Auflagen oder Aufenthaltsverbote für bekannte Straftäter. "Auch | |
die Demonstrationsanmelder müssen aufpassen, dass die Sache nicht aus dem | |
Ruder läuft, und nicht immer nur die Polizei", fordert Gram. | |
Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, befürchtet, | |
dass Schönbergs Vorschlag "die Situation nur unnötig anstachelt". Anstelle | |
laut über Verbote nachzudenken, sollten besser zügig Kooperationsgespräche | |
mit den Anmeldern der Versammlungen geführt werden. Lux berichtet von einer | |
Demonstration, die seit Februar angemeldet sei und bei der immer noch kein | |
Gespräch zwischen Polizei und Anmelder stattgefunden habe. Darüber hinaus | |
sieht er die GdP selbst in der Pflicht. "Die Gewerkschaft sollte dafür | |
werben, dass Kollegen nach Berlin kommen, da klar ist, dass Unterstützung | |
gebraucht wird." | |
Die Senatsverwaltung für Inneres dementierte am Freitag, dass es überhaupt | |
zu einer Unterbesetzung der Polizei kommen könnte. "Es gibt kein Signal, | |
dass es nicht so viel Unterstützung gibt wie im vergangenen Jahr", sagte | |
Nicola Rothermel, Sprecherin von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Der | |
Stand der Zusagen sei für den Zeitpunkt normal, schließlich müssten die | |
anderen Bundesländer erst die eigene Lage klären. Abgesehen davon sei ein | |
Demonstrationsverbot "keine Alternative, über die wir nachdenken". | |
10 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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